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Wo Kräuter wahre Wunder wirken - Sächsische Zeitung

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Steinigtwolmsdorf. Die Früchte der unscheinbaren Pflanze sehen aus wie zu kleingeratene Bohnen. Mit einem Fingerschnipsen knickt Ilona Rauch die Schote ab. „Mögen Sie Lakritz?“, fragt sie und bietet den Grünling an. Wenige Sekunden später breitet sich im Mund der Geschmack der schwarzen Süßigkeit aus. Auch an den Händen und in der regenschwangeren Luft bleibt ein Hauch des Aromas hängen.

Die Steinigtwolmsdorferin streicht über das Gewächs. „Das ist eine Süßdolde. Man kann sie für Marmeladen verwenden. In Schokolade getaucht, ist es eine Leckerei oder man isst die Früchte pur“, sagt sie und lässt einen Natur-Lakritz im Mund verschwinden.

Ilona Rauch steht inmitten ihrer Kräuterey. Am Eingang wartet ein Reisigbesen auf seinen Einsatz. „Ja, ja“, sagt die 63-Jährige augenzwinkernd, „ich habe nichts gegen den Begriff der Kräuterhexe. Ich selbst nenne mich Kräuterfrau“. Ihr Wissen teilt sie gern mit anderen bei Kräuterführungen, Seminaren und Workshops.

Die Früchte der Süßdolde schmecken nach Lakritz. Das und noch viel mehr über Kräuter verrät Ilona Rauch bei Wanderungen und Gartenführungen.
Die Früchte der Süßdolde schmecken nach Lakritz. Das und noch viel mehr über Kräuter verrät Ilona Rauch bei Wanderungen und Gartenführungen. © SZ/Uwe Soeder

Bei ihren Touren geht es mal quer feldein hinaus in die Wälder, oft aber bleibt sie im grünen Refugium mit Quelle gegenüber ihres Wohnhauses. Dort wachsen die Pflanzen üppig und weit über die Beete hinaus. Mancher Betrachter würde dazu Unkraut sagen. Ilona Rauch nennt es Beikraut – und wie viele Sorten davon bei ihr in der Erde stehen, hat sie längst aufgehört zu zählen.

Ihr Interesse an den oft unprätentiös auftretenden Pflanzen und deren Heilkraft ist langsam gewachsen. „Als wir nach dem Tod meiner Mutter ihr Haus leergeräumt haben, fanden wir einige ihrer Mitschriften über Kräuter und ihre Wirksamkeit“, sagt die gelernte Fleischfachverkäuferin. Selbstverständlich trockneten im elterlichen Haus in Schirgiswalde während ihrer Kindheit auch Pfefferminze und Melisse als Tee.

Die wirkliche Leidenschaft aber begann mit einem Schnaps. Nach einem Rezept in einem Kräuterbuch setzte Ilona Rauch vor inzwischen wohl fast 30 Jahren ihren ersten Schlehenlikör an. Die Früchte, die ein wenig an Mini-Pflaumen erinnern und einen tüchtigen Frost für die Entwicklung ihres Aromas brauchen, gelten als entzündungshemmend und helfen bei Verdauungsproblemen.

© SZ Grafik

Überhaupt scheint auf den 2014 angelegten Kräuterey-Beeten gegen fast jedes Weh ein Kraut gewachsen zu sein. Auf Schiefertafeln steht Herz-Kreislauf, Augen, Seele, Blase und Nieren oder Aphrodisiaka. Für den Moment aber streicht Ilona Rauch weiter durch das Küchenbeet mit Minzen, Melissen, Ampfer, Pimpernelle, Wildem Majoran und mehr. Es duftet nach Sommer und einem Hauch Zitrone. „Das ist Melisse. Sie ernten wir erst kurz vor der Blüte. Vor dem Trockenen zupfen wir die Blätter ab, damit die Wirkstoffe erhalten bleiben. Und trocknen Sie die Kräuter nie in der Sonne, sondern am besten auf einem Sieb im Dunkeln“, rät sie.

Ihr Wissen hat sich Ilona Rauch bei zahlreichen Seminaren und bei der Ausbildung zur Phytotherapeutin angeeignet, also zur Fachfrau für Pflanzenheilkunde. Bei ihren Führungen erklärt sie immer geduldig, dass man die Pflanze, die man verwenden will, zu 100 Prozent kennen muss. „Es gibt so viele Doppelgänger, wie zum Beispiel den bekömmlichen Giersch und den giftigen Schierling. Giersch riecht jung nach Petersilie, der Schierling stinkt nach Mäuse-Urin“, sagt die Kräuterfachfrau und bleibt an einem zarten Doldenblütler stehen. Die Steinigtwolmsdorferin schwärmt: „Sanikel ist ein fast vergessenes Wund- und Heilkraut, blutstillend, zusammenziehend und entzündungshemmend. Ein Sprichwort besagt, dass es sogar in Stücke geschnittenes Fleisch wieder zusammenwachsen lässt.“

In der Kräuterey von Ilona Rauch gibt es verschiedene Beete, zum Beispiel für Küchenkräuter wie Minze, Melisse, Ampfer, Pimpernelle und Wilden Majoran. Im Männerbeet wachsen unter anderem Melisse, Meisterwurz, Brennnessel und Rosmarin.
In der Kräuterey von Ilona Rauch gibt es verschiedene Beete, zum Beispiel für Küchenkräuter wie Minze, Melisse, Ampfer, Pimpernelle und Wilden Majoran. Im Männerbeet wachsen unter anderem Melisse, Meisterwurz, Brennnessel und Rosmarin. © SZ/Uwe Soeder

Dieser Versuch muss an diesem Morgen warten. Stattdessen macht Ilona Rauch noch einen Abstecher zum Engelwurz, der wie sein namensgebender Engel inmitten des Grüns steht. Wenige Schritte weiter gibt es das Männerbeet mit wiederum besänftigender Melisse, Meisterwurz, Brennnessel und Rosmarin. Über dessen Wirkung freut sich nicht nur der Mann, verspricht die Kräuterkundige. Bei der Auswahl der Kräuter müsse man eben wissen, was man will. Ein Augenzwinkern fehlt bei ihren Erläuterungen nie. Ein Aphrodisiakum für alle ist dagegen Liebstöckel, der Name sagt es ja schon. Es sollte Magie-Kraut heißen, der Volksmund aber nennt die Pflanze Maggikraut.

Ihre Führungen durch die Welt der Kräuter bietet Ilona Rauch seit 2012 an. Bei ihren Workshops können Interessierte auch lernen, wie aus den Heilpflanzen Öle, Salben und Tinkturen hergestellt werden. „Es macht mir Spaß, das alte Wissen wieder hervorzuholen, sodass die Menschen es wieder lernen und anwenden können. Gerade bei kleineren Sachen kann ich mit Kräutern die Selbstheilungskräfte unterstützen“, sagt sie. Das ist an diesem Morgen gar nicht nötig, allein schon der Streifzug durchs Grün bewegt die Sinne. Quietschend fällt die Tür zur Kräuterey zu. Vielleicht hat sich sogar der Hexenbesen ein bisschen bewegt.

Magische Kräuterführungen

Kräuterwanderungen: Für die Kräuterwanderungen können individuelle Termine mit Ilona Rauch vereinbart werden. Die Mindestteilnehmerzahl beträgt fünf Personen. Die Führung dauert zwischen anderthalb und zwei Stunden.

Kräuterey-Besuch: Ein weiteres Angebot ist ein Nachmittag oder Vormittag in der Kräuterey. Die Führung durch den Kräutergarten vermitteln nicht nur Wissenswertes über die Pflanzen, angeboten wird auch ein kleiner Imbiss mit Kräuterköstlichkeiten und frisch gebackenem Brot. Dauer etwa 2,5 Stunden, fünf bis zehn Personen.

Ausbildung: Ilona Rauch hat eine Ausbildung zur Phytotherapeutin (Fachfrau für Pflanzenheilkunde) abgeschlossen. Darüber hinaus absolvierte sie ein Praktikum in der ökologischen Kräutergärtnerei in Greifswald und ließ sich in der Aromatherapie ausbilden.

Kosten: Die Kräuterwanderung kostet pro Person sieben Euro, für Kinder bis zwölf Jahre ist die Teilnahme kostenlos. Ein Besuch der Kräuterey mit Imbiss kostet etwa 20 Euro pro Person, Kinder von sieben bis zwölf Jahren zahlen acht Euro, für jüngere Kinder ist der Eintritt frei.

Kontakt: Kräuterey Rauch; 01904 Steinigtwolmsdorf; Gartenweg 4. Termine können telefonisch oder per E-Mail vereinbart werden: Telefon 035951 31986, E-Mail [email protected]

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August 10, 2020 at 11:00PM
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