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Autobahn GmbH: Scheuers nächstes Debakel - WELT

In zwölf Tagen soll es losgehen. Aber noch vor dem Start steckt eines der ehrgeizigsten Reformprojekte der deutschen Verkehrspolitik bereits tief in der Krise. Die Autobahn GmbH des Bundes, die ab dem 1. Januar die zentrale Zuständigkeit für Bundesfernstraßen übernehmen soll, kann in weiten Bereichen den Regelbetrieb nicht aufnehmen. Derweil explodieren die Kosten. Hinweise auf Unregelmäßigkeiten bei Arbeitsverträgen von Führungspersonen sorgen für Alarm, werden aber nicht transparent gemacht.

Abermals wirkt Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) wie ein schlechter Verwalter eines an sich schon kaum tragbaren Erbes. Die europarechtswidrig konstruierte Pkw-Maut übernahm Scheuer von seinem Amtsvorgänger und Parteifreund Alexander Dobrindt, fuhr sie vor die Wand und ist jetzt mit stark erhärteten Vorwürfen zu Rechtsverstößen und mit einer Lüge im Bundestag konfrontiert. Schon unter Dobrindt entstand auch der Autobahnplan, der sich als völlig überambitioniert erweist.

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Nach diesem Plan, für den 2017 eigens das Grundgesetz geändert wurde, tritt die bundeseigene GmbH an die Stelle der bisherigen Mischverwaltung von Bund und Ländern und soll unter der Führung eines neuen Bundesfernstraßenamts in Leipzig vom Neubau bis zum Unterhalt alles organisieren, was hiesige Autobahnen betrifft.

Aber das gelingt unter Scheuer noch weniger, als es die Kritiker der Reform vor allem in den Ländern vorausgesagt haben. Weil die riesige Verwaltungsreform rechtlich und organisatorisch kompliziert ist, zeichnet sich eine Steigerung der Kosten für externe Berater auf bis zu 130 Millionen Euro ab. Insgesamt dürfte die bloße Errichtung der GmbH mehr als 300 Millionen Euro verschlingen.

Der Bundesrechnungshof stellte jüngst fest, dass einige Regelungen für den Übergang von der Länder- und Bundeszuständigkeit verfassungswidrig sind. Möglicherweise müssen deshalb bereits geschlossene Verträge über Straßenbauprojekte mit einem Kostenvolumen von insgesamt rund 20 Milliarden Euro neu ausgeschrieben werden. Und weil viele bisherige Ländermitarbeiter nicht in die GmbH wechseln wollen, klaffen dort große Personallücken.

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Besonders brenzlig für Scheuer ist, dass sein eigenes Ministerium „Unregelmäßigkeiten“ im Zusammenhang mit möglicherweise überhöhten Gehältern und Abfindungsregelungen für Leitungspersonen der GmbH feststellte. Die dadurch ausgelöste Beunruhigung ist so groß, dass eigens externe Prüfer für die Untersuchung der Vorgänge eingesetzt wurden. Laut „Handelsblatt“ besteht der Verdacht, dass Verträge stark von dem abweichen, was der Aufsichtsrat genehmigt hatte.

Aber das Ergebnis der im Sommer begonnenen Prüfung gelangte nicht an die Öffentlichkeit. Als der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Sven-Christian Kindler, mit einer Kleinen Anfrage Näheres erfahren wollte, verwies ihn das Ministerium bei der Antwort im Oktober auf ein Schreiben an den Haushaltsausschuss – worin aber gar nichts über jene Unregelmäßigkeiten steht. Als Kindler versuchte, an den Bericht der externen Prüfer über einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz zu gelangen, wurde dieser Antrag vom Ministerium abgelehnt.

Sven-Christian Kindler blieb hartnäckig und forderte abermals Auskünfte zu den unzureichend beantworteten Fragen seiner Kleinen Anfrage. Die neuen Antworten des Ministeriums erweckten zwar den Eindruck, als seien die Arbeitsverträge für den obersten Kreis der Geschäftsführung in Ordnung gewesen. Aber Gründe oder Details wurden nicht genannt. Auf Verdachtsmomente, dass es auf der mittleren Führungsebene Unregelmäßigkeit gegeben hat, ging auch die zweite Antwort des Ministeriums nicht ein.

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Zudem weigert sich Scheuers Haus beharrlich, den fertigen Bericht der externen Prüfer transparent zu machen. Nicht einmal eine Zusammenfassung des Berichts ohne Nennung von Namen und konkreten Gehaltsregelungen gibt das Ministerium ohne strengste Geheimhaltungsvorschriften heraus.

„Wie schon bei der Pkw-Maut hat Minister Scheuer auch bei der Autobahn GmbH kein Interesse an der Aufklärung von Unregelmäßigkeiten“, sagte Sven-Christian Kindler WELT AM SONNTAG. Andreas Scheuer stehe für „maximal mögliche Intransparenz“. Der Minister versuche „die Kontrolle des Parlaments zu erschweren“, obwohl es bei dieser staatseigenen GmbH „rein gar nichts geheimzuhalten“ gebe.

Dieser Text ist aus WELT AM SONNTAG. Wir liefern sie Ihnen gerne regelmäßig nach Hause.

Quelle: Welt am Sonntag

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