In der Coronakrise zeichnet sich womöglich ein harter Lockdown ab. Nach der Empfehlung der Wirtschaftsakademie Leopoldina, das öffentliche Leben zum Jahresende stillzulegen, sprachen sich nun auch die Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein für diese Verschärfung der Maßnahmen aus.
Angesichts der steigenden Infektions- und auch Todeszahlen sagte Armin Laschet (CDU), dass er einen »echten Jahreswechsel-Lockdown« ab dem 27. Dezember befürworte; der Schaden in dieser Zeit sei am geringsten, sagte Laschet, und man könne sich »für 2021 wieder eine Perspektive hin zu mehr Normalität« erarbeiten, wie er bei Twitter schrieb.
Sein schleswig-holsteinischer Parteikollege Daniel Günther ging sogar noch einen Schritt weiter. Es sei notwendig, »dass wir spätestens ab Weihnachten in einen harten Lockdown gehen – um die Zeit über den Jahreswechsel zu nutzen, diese gefährliche Entwicklung in Deutschland zu stoppen«, sagte Günther. Selbst Schleswig-Holstein, das bisher mit am besten durch die Pandemie kam, weist weiter steigende Zahlen auf.
Vor allem Laschet forderte angesichts der unterschiedlichen Umsetzungen der Länder in den vergangenen Wochen ein einheitliches Vorgehen. Alleingänge von Ländern in dieser Phase seien falsch, sagte Laschet, auch die Debatte über Schulschließungen müsse man unter den Ländern beraten.
Lange bekam Bundeskanzlerin Angela Merkel von der Ministerpräsidentenrunde Gegenwind für ihre Forderungen nach einer weiteren Verschärfung der Maßnahmen. Deswegen warb sie am Mittwoch in einer Rede vor dem Bundestag erneut für schärfere Restriktionen. Die Pandemie drohe sich noch weiter zu verschärfen und die Todeszahlen seien nicht akzeptabel, sagte sie.
Deswegen solle man doch noch einmal darüber nachdenken, die Schulferien bereits am 16. Dezember beginnen zu lassen, sagte Merkel. Ende November hatten sich Bund und Länder darauf geeinigt, dass die Schulferien am 19. Dezember starten sollen. »Was wird man denn im Rückblick auf ein Jahrhundertereignis sagen, wenn wir nicht in der Lage waren, für diese drei Tage noch irgendeine Lösung zu finden?«, sagte die Bundeskanzlerin.
Die Corona-Rede der Kanzlerin im Video:
Merkel teilte auch gegen die AfD-Fraktion aus, die ihre Rede mit Zwischenrufen störte. Nachdem die Kanzlerin gesagt hatte, dass die Zahl der Kontakte zu hoch und die Reduktion der Kontakte nicht ausreiche, rief ein Abgeordneter der AfD in den Plenarsaal, dass diese Äußerungen »nicht wissenschaftlich erwiesen seien«.
Eine Steilvorlage für Merkel, immerhin Doktorin der Naturwissenschaften. Sie konterte den Zwischenruf zuerst mit der Erklärung, dass Europa heute dort stehe, wo es stehe, weil es wissenschaftliche Erkenntnisse gebe, »die real sind und an die man sich besser halten sollte«. Es folgte ein Exkurs in die Studierendenzeit der Bundeskanzlerin: »Ich habe mich in der DDR zum Physikstudium entschieden, (...) weil ich ganz sicher war, dass man vieles außer Kraft setzen kann, aber die Schwerkraft nicht, die Lichtgeschwindigkeit nicht und andere Fakten nicht, und das wird auch weiter gelten.«
Spahn kündigt ausreichend Impfstoff bis Herbst 2021 an
Hoffnung machte am Abend Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). In der ARD-Talkshow »Maischberger« sagte er, dass spätestens im Herbst 2021 ausreichend Impfstoff für die gesamte Bevölkerung vorhanden sei. Deutschland habe sich 300 Millionen Impfdosen bei verschiedenen Herstellern gesichert; »wenn all die Zulassungen kommen über den Zeitraum, in dem wir es erwarten, dann können wir spätestens im dritten Quartal jedem in Deutschland, der geimpft werden will, ein Impfangebot machen«, sagte Spahn.
Großbritannien ist bereits einen Schritt weiter: Am Dienstag wurde mit der Impfung des Vakzins von Biontech und Pfizer begonnen. Allerdings gab es am Mittwoch erste Meldungen von möglichen Nebenwirkungen. Zwei Mitarbeiter des nationalen Gesundheitsdienstes NHS hätten allergische Reaktionen erlitten, deswegen rät die britische Arzneimittelaufsicht von Impfungen bei Menschen mit einer erheblichen allergischen Vorgeschichte ab.
Am Mittwochabend sorgte dann eine weitere Meldung um den Impfstoff der Mainzer Firma Biontech für Aufsehen. Bei einem Cyberangriff auf die EU-Arzneimittelbehörde kam es zu einem »unrechtmäßigen Zugriff« auf Impfstoffdokumente von Biontech, wie das Unternehmen mitteilte. Einen Einfluss auf den zeitlichen Ablauf der Impfstoffzulassung werde der Zwischenfall aber nicht haben, hieß es. Die Behörde strebt eine Zulassung des Impfstoffs bis Ende Dezember an.
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