Die EU-Staaten erhöhen den Druck auf die Impfstoff-Hersteller. „Die Unternehmen müssen die Verlässlichkeit ihrer Impfstoffproduktion sicherstellen und vertragliche Lieferfristen einhalten“, hieß es in einer Erklärung, die die Staats- und Regierungschefs am Donnerstagabend veröffentlichten. Die Hersteller sollten außerdem für mehr Transparenz sorgen. Zuvor hatten die Regierungschefs fünf Stunden per Videokonferenz über die Bewältigung der Pandemie beraten. Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen drangen sie darauf, dass die EU-Kommission den Export von Vakzinen stoppt, wenn ein Hersteller seine Verpflichtungen nicht erfüllt.
Seit Ende Januar unterliegt jede Ausfuhr von in der EU produzierten Impfstoffen und Vorprodukten einer Genehmigungspflicht. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte, Biontech und Moderna würden sich an ihre Pflichten halten. Was Astra-Zeneca tue, habe man „genau im Auge“. Sie sei zuversichtlich, dass bis zum Sommer siebzig Prozent der erwachsenen Bevölkerung geimpft werden könne; das sind 255 Millionen Menschen. Nach einer auf der Videokonferenz vorgestellten Projektion der EU-Kommission sollen bis zum Ende des ersten Quartals rund 100 Millionen, bis Ende Juni knapp 600 Millionen und bis zum Ende des dritten Quartals rund 1,1 Milliarden Dosen ausgeliefert sein. Damit ließe sich das Ziel erfüllen.
Während die Videokonferenz lief, versicherten die Vorstandschefs der Unternehmen, die die drei bisher zugelassenen Impfstoffe herstellen, bei einer Anhörung im Europäischen Parlament, dass sie ihre Zusagen erfüllen wollten. Pascal Soriot, der Vorstandschef des zuletzt wegen Lieferengpässen stark kritisierten Herstellers Astra-Zeneca, sagte, sein Unternehmen werde die Produktionskapazitäten im zweiten Quartal des Jahres deutlich steigern. Er sei optimistisch, dass sein Unternehmen in diesem Zeitraum wie vereinbart 180 Millionen Dosen des Impfstoffs liefern könne. Zuletzt hatte es Berichte gegeben, das Unternehmen könne dies womöglich nur zur Hälfte erfüllen. Man tue zudem „alles, was wir können“, um wie zuletzt zugesagt im ersten Quartal 40 Millionen Dosen zu liefern. Ein Vertreter des Herstellers Johnson & Johnson sicherte zu, man könne mit der Lieferung in die EU beginnen, sobald das Vakzin des Unternehmens genehmigt sei. Damit wird für Mitte März gerechnet.
Freies Reisen mit einem Impfpass?
Die Mitgliedstaaten unterstützten Versuche der Kommission, die Produktion zu beschleunigen. Eine Taskforce unter dem Vorsitz von Binnenmarktkommissar Thierry Breton soll mehr Grundstoffe verfügbar machen, zusätzliche Produktionskapazitäten organisieren und darauf hinwirken, dass Impfstoffe schnell an neue Virus-Varianten angepasst werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte nach der Videokonferenz, es könne sein, dass „wir über längere Jahre immer in der Lage sein müssen zu impfen".
Im Streit über Impfzertifikate, die freies Reisen ermöglichen könnten, fanden die Mitgliedstaaten noch keine Lösung. Ratspräsident Charles Michel sprach nach den Beratungen von einer „wachsenden Annäherung“. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte, es werde „mindestens drei Monate“ dauern, um eine technische Lösung zu entwickeln. Und damit sei noch nicht gesagt, wie Impfpässe eingesetzt werden sollen, um freies Reisen wieder zu ermöglichen. Diese Frage sollten von den EU-Botschaftern weiter erörtert werden. Merkel sagte, angesichts der „geringen Durchimpfung der Bevölkerung“ sei freies Reisen momentan „gar nicht das Thema“. Bei den EU-Staaten gebe es aber die Erwartung, dass bis zum Sommerzeitraum eine Durchimpfung erreicht ist. Auch wenn sie das nicht garantieren könne, sei das „die politische Vorgabe".
Grenzkontrollen kommen noch nicht in Frage
Auch im Konflikt um Grenzkontrollen gab es nicht viel Bewegung. „Auf absehbare Zeit müssen nicht-notwendige Reisen eingeschränkt werden“, hieß es in der Erklärung der Staats- und Regierungschefs. Zugleich müsse der reibungslose Güterverkehr im Binnenmarkt gewahrt werden, insbesondere durch „Green Lanes“ für Lastwagen. Zuletzt war es auch wegen der deutschen Einreisebeschränkungen und Kontrollen an den Grenzen zu Tirol und zur Tschechischen Republik zu längeren Staus gekommen. Die Staats- und Regierungschefs verwiesen auf eine Ratsempfehlung, die Deutschland nach Ansicht der EU-Kommission nicht hinreichend beachtet. Allerdings nimmt Berlin für sich in Anspruch, dass die Einschränkungen verhältnismäßig und nicht-diskriminierend seien.
Merkel bekräftigte sagte nach der Videokonferenz, dass Deutschland trotz des Ausbreitung einer Coronavirus-Variante in der französischen Grenzregion Moselle nicht an Grenzkontrollen denke: „Grenzkontrollen stehen nicht auf der Tagesordnung.“ Ob die Region Moselle wie Tschechien und Tirol als Virus-Varianten-Gebiet eingestuft werde, entscheide der Krisenstab der Bundesregierung. Die Lage sei aber ganz anders als an der Grenze zur Tschechischen Republik und zu Österreich, weil Bayern und Sachsen dort vom Bund ausdrücklich Grenzkontrollen erbeten hätten. Das Saarland und Rheinland-Pfalz lehnten sie dagegen ab, so Merkel.
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