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Gelsenkirchen: Polizei stoppt antisemitische Demo – Tatverdächtiger ermittelt - WELT

Ein antisemitischer Demonstrationszug ist am Mittwochabend in Gelsenkirchen von der Polizei gestoppt worden. Die ungefähr 180 Demonstranten, die sich vom Bahnhofsvorplatz in Richtung Synagoge bewegten, seien demnach von Polizeibeamten aufgehalten worden, wie es in einer Mitteilung hieß.

In einem per Twitter verbreiteten Video des Zentralrats der Juden sind Sprechchöre mit antisemitischen Inhalten zu hören. Zu sehen sind Menschen unter anderem mit palästinensischer, türkischer und tunesischer Flagge.

Die Polizei hatte ebenfalls mitgeteilt, dass während der unangemeldeten Versammlung antiisraelische Rufe skandiert worden seien. Die Polizei setzte den Angaben zufolge auch Schlagstöcke ein, verletzt worden sei jedoch niemand. Die Polizei bestätigte am Donnerstag die Echtheit des Videos.

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Auf dem Video ist zu sehen, dass Beamte trotz der Parolen nicht eingriffen. Das oberste Ziel sei der Schutz der Synagoge gewesen, erklärte der Polizeisprecher. Es seien zunächst nicht genug Beamte vor Ort gewesen, um gleichzeitig Tatverdächtige aus der Menge zu ziehen. Als weitere Beamte eingetroffen seien, habe sich der Demozug bereits wieder aufgelöst.

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NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) kündigte eine konsequente Verfolgung der Täter an. „Ich finde es unerträglich, wenn auf deutschem Boden antisemitische Parolen skandiert werden“, sagte Reul am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. „Unsere Polizei verfolgt die Täter mit aller Konsequenz, damit sie bestraft werden können.“

Am Donnerstagabend teilte die Polizei mit, einen Tatverdächtigen ermittelt zu haben. Es handele sich um einen 26-jährigen Deutsch-Libanesen aus Gelsenkirchen. Weiter hieß es, beim Staatsschutz sei eine Ermittlungskommission eingerichtet worden. Auch das Video werde ausgewertet. Weitere Details zu den Demonstranten nahe der Synagoge nannten die Ermittler zunächst nicht.

Die Polizei fertigte Strafanzeigen unter anderem wegen Volksverhetzung, Landfriedensbruch und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Nach Angaben des Sprechers wird der Einsatz zudem intern geprüft.

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Außenminister Heiko Maas (SPD) rief zum besseren Schutz von Synagogen in Deutschland auf. „Für Angriffe auf Synagogen darf es in unserem Land null Toleranz geben“, sagte Maas den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Und so traurig es ist, dass das überhaupt notwendig ist: Der Staat muss ohne Wenn und Aber die Sicherheit der Synagogen gewährleisten.“

Maas appellierte an alle Bürger, es nicht zu akzeptieren, „wenn Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland für Ereignisse im Nahen Osten verantwortlich gemacht werden – auf der Straße wie in den sozialen Medien“.

„Allahu akbar“-Rufe in Bremen

In Bremen demonstrierten am Donnerstag rund 1500 Menschen gegen Israel. Sie riefen „Freiheit für Palästina“ und forderten Israel auf, die Einsätze im Gazastreifen zu beenden. Immer wieder wurde auch „Allahu akbar“ (Gott ist groß) gerufen. Zu sehen waren auch zahlreiche Türkei-Flaggen. Angemeldet waren 300 Teilnehmer, die Polizei sprach am Donnerstagnachmittag aber von mindestens der fünffachen Zahl.

Die Einsatzkräfte weiteten die abgesperrte Kundgebungsfläche direkt vor dem Bremer Dom und in unmittelbarer Nähe des Rathauses aus. Viele Demonstranten hielten sich nicht an die Corona-Abstandsregeln, auch die Maskenpflicht wurde von einigen ignoriert. Die mit einem Großaufgebot vertretene Polizei forderte über Lautsprecher auf, sich an die Regeln zu halten.

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Meinung Angriffe auf jüdische Einrichtungen

Die palästinensische Gemeinde hatte nach Behördenangaben die Kundgebung unter der Überschrift „Zustand in Palästina & Verletzung der Menschenrechte“ angekündigt. Das Ordnungsamt hatte die Veranstaltung unter Auflegen bestätigt und zugleich jede Verherrlichung von Gewalt verboten. Das galt auch für Äußerungen in Wort, Bild oder Schrift, die das Existenzrecht eines Staates verneinen – insbesondere dazu auffordern, Israel zu bekämpfen.

Zuvor waren vor Synagogen in Münster und Bonn israelische Flaggen angezündet worden, ein Eingang mit Steinwürfen beschädigt worden. Auch in Hannover musste die Polizei bei einer Anti-Israel-Demonstration einschreiten. „Es kam zu konkreten Feindseligkeiten“, berichteten die Beamten über die Versammlung am Mittwochabend, an der den Angaben zufolge über 500 Menschen teilgenommen haben sollen. „Beispielsweise gab es den Versuch, Israel-Flaggen zu verbrennen“, sagte ein Polizeisprecher. Zwei mutmaßliche Täter hätten davon allerdings noch abgehalten werden können.

Die NRW-Landesregierung habe nach den ersten Meldungen unverzüglich zusätzliche Schutzmaßnahmen ergriffen, hatte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Mittwoch gesagt. „Wir haben den Schutz an allen herausragenden jüdischen Orten noch einmal erhöht.“

Politiker geschockt von Taten in Münster und Bonn

Für alle anderen jüdischen Objekte werde auf Veranlassung von Innenminister Herbert Reul (CDU) „eine aktuelle Beurteilung der Gefährdungslage durchgeführt“. Vertreter aus Politik und Gesellschaft reagierten schockiert auf die Taten.

Trotzdem ist eine vor dem Solinger Rathaus gehisste israelische Flagge in der Nacht zum Donnerstag wieder von Unbekannten angezündet worden. In Mannheim sind die Scheiben einer Synagoge beschädigt worden. Eine Israel-Flagge, die vor der CDU-Bundesgeschäftsstelle in Berlin gehisst war, wurde gestohlen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verurteilte antisemitische Parolen und die Verbrennung israelischer Fahnen bei Kundgebungen scharf. „Unser Grundgesetz garantiert das Recht auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit“, betonte Steinmeier in einem am Donnerstag veröffentlichten Beitrag für die „Bild“-Zeitung. „Wer aber auf unseren Straßen Fahnen mit dem Davidstern verbrennt und antisemitische Parolen brüllt, der missbraucht nicht nur die Demonstrationsfreiheit, sondern der begeht Straftaten, die verfolgt werden müssen!“

Steinmeier führte weiter aus: „Nichts rechtfertigt die Bedrohung von Jüdinnen und Juden in Deutschland oder Angriffe auf Synagogen in deutschen Städten. Judenhass – ganz gleich von wem – wollen und werden wir in unserem Land nicht dulden.“

Mit tiefer Sorge verfolgt der Zentralrat der Juden in Deutschland die gewalttätigen Angriffe. Das Verbrennen von israelischen Flaggen vor den Synagogen zeige, dass die Bedrohung für die jüdische Gemeinschaft wachse, erklärte Präsident Josef Schuster und fordert, den Schutz jüdischer Einrichtungen zu erhöhen. „Wir erwarten gerade von den Bürgern in Deutschland Solidarität mit Israel und der jüdischen Gemeinschaft.“ Israel und Juden seien vor allem in den sozialen Medien Hass und Hetze ausgesetzt.

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Auch die Vorsitzende des Förderkreises Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Lea Rosh, hat einen besseren Schutz jüdischer Einrichtungen in Deutschland verlangt. „Wir fordern die Landesregierungen auf, den Schutz der rund 100 Synagogen und der Juden in Deutschland zu erhöhen und bei jeder antisemitischen Aktion ohne zu zögern einzugreifen“, erklärte Rosh.

„Jeder in Deutschland darf seine Meinung über den Nahostkonflikt haben und äußern“, sagte Rosh. Das Verbrennen von Davidsternen und israelischen Flaggen und Angriffe auf Juden und jüdische Einrichtungen aber seien keine Meinungen, sondern Straftaten nach dem Strafgesetzbuch.

Der türkisch-islamische Verband Ditib Hessen verurteiltet antisemitische Ausschreitungen. Es sei aufs Schärfste zu verurteilen, wenn Jüdinnen und Juden in Deutschland, jüdische Symbole und Einrichtungen wie Synagogen zur Zielscheibe von Hassübergriffen würden, sagte Landesgeschäftsführer Onur Akdeniz.

Seit Montagabend beschießen militante Palästinenser Israel massiv mit Raketen. Dabei sind bislang fünf Menschen getötet und mehr als 200 weitere verletzt worden. Israels Armee reagiert darauf mit Angriffen auf Ziele im Gazastreifen, vor allem durch die Luftwaffe.

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