
Horst Seehofer: »Wir werden nicht tolerieren, dass auf deutschem Boden israelische Flaggen brennen«
Foto: ANNEGRET HILSE / REUTERSBundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kündigt harte Maßnahmen im Kampf gegen Antisemitismus an. »Wer antisemitischen Hass verbreitet, wird die volle Härte des Rechtsstaates zu spüren bekommen«, sagte Seehofer der »Bild am Sonntag«.
»Wir werden nicht tolerieren, dass auf deutschem Boden israelische Flaggen brennen und jüdische Einrichtungen angegriffen werden«, sagte er. Angesichts anhaltender Übergriffe und antiisraelischer Demonstrationen werde er den Polizeien der Länder personelle und materielle Unterstützung durch den Bund anbieten.
Jüdinnen und Juden dürften in Deutschland nie wieder in Angst leben. Die Sicherheitsbehörden täten alles, um sie zu schützen.
Auch der Zentralrat der Juden in Deutschland hat ein konsequentes Vorgehen der Polizei bei den antiisraelischen Demonstrationen gefordert. »Seit Tagen verbreiten Mobs in vielen deutschen Städten blanken Judenhass«, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster am Sonntag in Berlin. »Sie skandieren übelste Parolen gegen Juden, die an die dunkelsten Zeiten deutscher Geschichte erinnern.«
Antisemitismus dürfe nicht »unter dem Deckmäntelchen der Versammlungsfreiheit verbreitet werden«, mahnte er. Schuster forderte die muslimischen Verbände und Imame auf, sie müssten »mäßigend wirken«.

Bei einer Demo propalästinensischer Gruppen in Berlin ist es am Samstag zu massiven Ausschreitungen gekommen
Foto: Sean Gallup / Getty ImagesBundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat zum Widerstand gegen Judenfeindlichkeit in Deutschland aufgerufen. »Nichts rechtfertigt die Bedrohung von Juden in Deutschland oder Angriffe auf Synagogen in unseren Städten«, sagte Steinmeier zum Abschluss des Ökumenischen Kirchentags in Frankfurt am Main. »Lasst uns diesem Hass gemeinsam entgegentreten«, sagte er weiter.
Steinmeier forderte zugleich ein Ende der Gewalt in Nahost. »Wir sehen unschuldige Opfer auf beiden Seiten«, sagte der Bundespräsident. »Wir hoffen auf Bemühungen, die der Gewalt ein Ende setzen.«
Hetze unter Strafe stellen
Der Chef der Christdemokraten im Europaparlament, Manfred Weber, hat Parteien wie der AfD eine Mitverantwortung für die antisemitischen Proteste gegeben.
»Radikale wie die AfD in Deutschland oder Le Pen in Frankreich haben Grenzverschiebungen beim Antisemitismus befeuert«, sagte der stellvertretende CSU-Vorsitzende den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Sie müssten als »Begründer solcher Exzesse« auch benannt werden.
Weber sprach sich dafür aus, Hetze gegen Religionen in der gesamten EU unter Strafe stellen. Die Glaubensfreiheit sei ein Kern des europäischen Gesellschafsmodells.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) befürchtet eine Verschärfung der Konflikte, sollte die Gewalt im Nahen Osten anhalten. »Schon jetzt sehen wir eine hohe Emotionalisierung und Mobilisierung vor allem bei arabischstämmigen Jugendlichen, aber auch bei türkischen Rechtsextremisten«, sagte er der »Welt am Sonntag«.
»Blanker Antisemitismus«
Dabei gehe es nicht um Kritik an Israel. »Die verbindende Klammer ist blanker Antisemitismus, den wir mit allen Mitteln des Rechtsstaats konsequent verfolgen«, sagte Reul.
Der israelische Botschafter Jeremy Issacharoff plädierte für ein gemeinsames Eintreten von Muslimen und Juden gegen die zunehmende Polarisierung in Deutschland. »Die jüdische und die muslimische Gemeinschaft können viel gemeinsam haben, und an einigen Orten in Deutschland bestehen enge Kontakte zwischen diesen Gemeinschaften«, sagte Issacharoff der »Welt am Sonntag«.
»Es hilft, wenn Juden und Muslime zusammenkommen, sich austauschen, gemeinsame Herausforderungen besprechen. Das kann auch eine Basis sein, dem aktuell wachsenden Hass gemeinsam entgegenzutreten«, sagte Issacharoff. Auch international arbeiteten Israel und einige arabische Staaten immer enger zusammen.
Israelische Flagge in Mannheim verbrannt
In Mannheim wurde am Samstag nach dem Abbruch einer Kundgebung eine israelische Flagge verbrannt. Der Täter sei festgenommen worden und werde wegen Volksverhetzung angezeigt, teilte die Polizei am Abend mit.
Bis zu 500 Menschen hatten den Angaben zufolge an der Versammlung gegen die israelischen Angriffe im Gazastreifen teilgenommen, obwohl nur maximal 150 genehmigt waren. Da sich viele Teilnehmer nicht an die Corona-Auflagen hielten, wurde die Versammlung am frühen Abend aufgelöst.
Das Anzünden einer zweiten Flagge hätten Einsatzkräfte verhindert. Wegen eines Banners mit »strafrechtlich relevanten Inhalten« habe es weitere Festnahmen gegeben.

Zahlreiche Menschen ziehen bei propalästinensischen Demonstration mit Flaggen durch die Innenstadt von Stuttgart
Foto: Christoph Schmidt / dpaMehrere Teilnehmer seien »äußerst aggressiv« gegen die Ordner und die Einsatzkräfte vorgegangen und hätten mit Steinen und Stöcken geworfen, erklärte die Polizei. Dabei seien drei Beamte leicht verletzt worden.
Den Angaben zufolge wurden 16 Strafverfahren eingeleitet, unter anderem wegen Volksverhetzung, gefährlichen und gemeinschaftlichen Körperverletzungen, Widerstand gegen Vollstreckungskräfte und Beleidigung. Ausschreitungen gab es auch in anderen Städten wie Stuttgart oder Berlin (lesen Sie hier mehr).
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