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Schule ab Herbst: Kommt jetzt der Lolli-Corona-Test für alle Schüler? - WELT

Mitten in der Debatte über die richtige Form des Schulunterrichts nach den Sommerferien hat sich die Union im Bundestag positioniert: „Die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen schützen und gleichzeitig das Durchstarten in Zeiten von und nach Corona ermöglichen“, heißt es in der Überschrift.

Ziel sei der flächendeckende Präsenzunterricht im Herbst, denn Familien, Kinder und Jugendliche hätten besonders unter den Folgen der Schließung von Schulen gelitten. Nach monatelangem Wechsel aus Distanz-, Präsenz- und Fernunterricht soll nun also ein neuer Plan die möglichst dauerhafte Rückkehr an die Schulen ebnen. Ein Mittel dazu sieht die Unionsfraktion – neben den aktuellen Schutzmaßnahmen – in sogenannten Pool-PCR-Tests für alle ungeimpften Kinder.

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Sie sollen verlässlicher und angenehmer sein als die derzeit angewandten Schnelltests. Experten warnen allerdings vor einer trügerischen Sicherheit. „Für alle politisch Verantwortlichen muss der gesicherte Schulbesuch der Kinder und Jugendlichen im Fokus stehen“, sagt der familienpolitische Sprecher der Union, Marcus Weinberg, WELT. „Diesen Schulbesuch so lange wie möglich für die Kinder aufrechtzuerhalten ist nach den Erfahrungen der letzten Monate das Allerwichtigste.“

Im Gegensatz zu den Schnelltests, bei denen ein Stäbchen von den Schülern selbst in die Nase geschoben werden muss, kann beim Pool-PCR-Test eine sanftere Methode zum Einsatz kommen: Die Schüler lutschen 30 Sekunden an einer Art Lolli, der von der Lehrkraft eingesammelt und dann im Klassenset an ein Labor geschickt wird. Mit nur einem PCR-Durchgang werden die Ergebnisse als Gruppentest ausgewertet. Nur wenn das Ergebnis positiv ist, werden die Kinder noch einmal einzeln getestet und die Ergebnisse auch einzeln erhoben. In Nordrhein-Westfalen ist die Methode bereits im Einsatz.

So funktioniert der Lolli-Test für Kinder

Schulleiter Udo Moter bereitet sich auf den Start des Wechselunterrichts an seiner Grundschule in Essen vor. Neuer Programmpunkt in der ersten Stunde: Der Corona-Lolli-Test.

Quelle: WELT

„An den Schulen lassen sich die Lolli-Tests einfacher durchführen als die Selbsttests“, sagt der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung NRW, Stefan Behlau. Es dauere nur wenige Sekunden, bei den Selbsttests sei hingegen oft die erste Schulstunde „perdu“ gewesen. Ein Vorteil der Lolli-Tests sei auch, dass die Genauigkeit höher sei als bei den Selbsttests. Für die Schulleiter sei der Organisationsaufwand allerdings höher, weil diese nun zusätzlich mit den Laboren kommunizieren müssten.

Auch die Elternverbände sehen die neue Methode grundsätzlich positiv. „Die Lolli-Tests haben eine größere Akzeptanz bei Schülern und Eltern als die Antigentests“, sagt die Vorsitzende der Landeselternkonferenz, Anke Staar, WELT. Auch wenn gerade in Förderschulen nicht alle Kinder sie anwenden könnten, weil sie zum Beispiel motorische Schwierigkeiten haben: „Wir sind wirklich froh, dass wir von dem unangenehmen Nasenbohren weggekommen sind.“

Ist der Lolli-Test die Wunderwaffe auf dem Weg zu regulärem Schulunterricht?

Selbst die Opposition im Bundestag begrüßt die Methode. „Mit Pool-PCR-Tests wurden bereits gute Erfahrungen in Schulen und Kitas gemacht“, sagt der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen. Sie seien zuverlässiger und angenehmer für Kinder. Allerdings dürften Kinder – anders als im Positionspapier der Unionsfraktion vorgesehen – nicht je nach Impfstatus unterschiedlich behandelt werden. Dies gelte, „solange nicht allen Kindern die Möglichkeit einer Impfung offensteht“.

Ist der Lolli-Test also die Wunderwaffe auf dem Weg zu regulärem Schulunterricht? Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach jedenfalls ist skeptisch. „Ich wundere mich etwas über diesen Vorschlag“, sagt er WELT. Beim Pool-PCR-Test komme das Ergebnis erst am Ende des Unterrichtstages. „Dann hat ein positiv infiziertes Kind schon die ganze Zeit im Unterricht gesessen und bei der Delta-Variante möglicherweise sehr viele andere Kinder angesteckt.“

Bei der Nutzung von Antigen-Schnelltests könne ein infiziertes Kind hingegen innerhalb von 15 Minuten identifiziert werden – und direkt nach Hause gehen. „In diesem Fall schlägt die Schnelligkeit die Vorteile der PCR-Tests.“ Der Epidemiologe plädiert daher dafür, in den Schulen auch künftig bei den klassischen Schnelltests zu bleiben.

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Auch die Länder, die das Ganze umsetzen und finanzieren müssten, sind zurückhaltend. Für die Zeitspanne März bis September 2021 habe man über neun Millionen „qualitativ hochwertige Schnelltests“ mit Gesamtkosten von rund 45 Millionen Euro an die Schulen ausgeliefert, teilt ein Sprecher der SPD-geführten Hamburger Bildungsverwaltung mit.

„Wir prüfen in Hamburg aktuell, ob die sogenannten PCR-Lolli-Tests als Pooltests an Schulen eingesetzt werden können, und bereiten ein Pilotprojekt vor“, sagt der Schulsenator Ties Rabe WELT. „Es wäre allerdings schön, wenn die Unionsbundestagsfraktion statt wichtigtuerischer Ratschläge konkrete Unterstützungsangebote machen würde.“ Ein wesentlicher „Gelingensfaktor“ seien die „Kapazitäten an Logistik und vor allem auch an Laboren“, heißt es in Hamburg.

Tatsächlich könnten Engpässe bei der Auswertung noch zum Knackpunkt werden. „Ich freue mich, dass sich die Politik mit den PCR-Pool-Tests beschäftigt, sehe allerdings nicht, dass eine flächendeckende Anwendung überall realistisch ist“, sagt Isabelle Suárez, Infektiologin und ärztliche Leiterin des Pilotprojekts „Schoco“ („Schul-Observation auf Corona“) an der Uniklinik Köln. Suárez und ihr Team haben die Lolli-Tests an 22 Schulen in Köln erprobt. „Die PCR-Pool-Tests können Labore an ihre Grenzen bringen, vor allem dann, wenn die Inzidenz wieder steigt“, sagt Suárez.

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Deshalb plädiert sie für eine Kombination, die bereits in Nordrhein-Westfalen umgesetzt wird: kindgerechte Lolli-Tests für die Grundschulen und Schnelltests für die Oberschulen. Für ältere Schüler seien die Nasen- und Rachenabstriche schließlich auch einfacher zu handhaben als für kleinere Kinder. Die Höhe der Kosten hält sie für vergleichbar: Wenn ein Pool-Test negativ ausfällt und nicht mehr einzeln nachgetestet werden muss, kostet er im Durchschnitt 80 Euro für die gesamte Klasse. Mitunter kann dies günstiger sein, als jedes Kind mit einem Schnelltest zu versehen.

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