
AfD-Co-Chef Jörg Meuthen
Foto: Rolf Vennenbernd / dpaIm internen Machtkampf der AfD hat der Co-Vorsitzende Jörg Meuthen eine Niederlage erlitten. Gegen den Willen Meuthens darf der wegen einer Naziaffäre unter Druck geratene NRW-Landesvize Matthias Helferich in der Partei bleiben. Der Bundesvorstand sprach sich am Montag mehrheitlich gegen die Einleitung eines Parteiausschlussverfahrens aus.
Der 33-jährige Jurist Helferich hatte sich 2016/17 in privaten Chats unter anderem als »das freundliche Gesicht des ns« bezeichnet – »ns« steht für Nationalsozialismus. Auch sprach er von sich als »demokratischer Freisler«. Freisler war in der Nazizeit als Präsident des Volksgerichtshofs für über 2000 Todesurteile verantwortlich.
Helferich hatte seine Äußerungen später als Persiflage zu relativieren versucht. Dennoch hatten erst kürzlich im Bundesvorstand sechs Mitglieder auf Antrag Meuthens für ein Ausschlussverfahren gestimmt, sechs enthielten sich. Die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit war damit nicht erreicht worden, allerdings gab es Zweifel, ob die Enthaltungen hätten mitgezählt werden dürfen.
Am Montag wurden diese Unsicherheiten durch eine neuerliche Abstimmung ausgeräumt – allerdings nicht im Sinne Meuthens. Sein innerparteilicher Gegner und Co-Parteichef Tino Chrupalla brachte ausgerechnet mit Unterstützung der bisherigen Meuthen-Anhängerin Beatrix von Storch einen Antrag gegen ein Parteiausschlussverfahren Helferichs durch, mit acht zu sechs Stimmen. Neben Chrupalla und von Storch stimmten im Vorstand Alice Weidel, Stephan Brandner, Joachim Paul, Jochen Haug, Alexander Wolf und Carsten Hütter gegen die Einleitung eines Ausschlussverfahrens, wie der SPIEGEL erfuhr. Meuthen und weitere fünf Vorstandsmitglieder im Gremium stimmten dagegen.
Zudem wurde im Vorstand erneut über die bereits einmal einstimmig beantragte Ämtersperre abgestimmt: Elf Vorstandsmitglieder votierten dafür, Meuthen, Joachim Kuhs und Sylvia Limmer diesmal dagegen. Meuthen erklärte auf Anfrage des SPIEGEL, er halte eine Ämtersperre in diesem Fall für die »falsche Sanktion«, er habe auch nicht gewollt, dass dies als einstimmiger Wille des Vorstands verstanden werde. Die konkrete Ämtersperre gegen Helferich muss noch vom AfD-Bundesschiedsgericht bestätigt werden, die Parteirichter sollen auch den zeitlichen Umfang und den Beginn der Maßnahme bestimmen.
In einer Pressekonferenz, in der das AfD-Spitzdenduo Weidel und Chrupalla am Montag eigentlich zentrale Botschaften des Bundestagswahlkampfs der Partei präsentierte, stand der Fall Helferich ebenfalls im Mittelpunkt. Chrupalla verteidigte dabei seinen Kurs. »Ich teile seine Aussagen in keinster Weise«, so der AfD-Co-Chef, doch habe Helferich sie in einem »rein privaten Chat« in einem »überspitzten Tenor« und als Persiflage verfasst.
»Ich gebe solchen Menschen auch eine zweite Chance«, sagte Chrupalla über Helferich. Weidel sprach von einem Fall, der »recht unglücklich« sei und »schon längst in Nordrhein-Westfalen hätte gelöst werden müssen«, mit dem sich nun »leider« der Bundesvorstand habe beschäftigen müssen. Sie verwies auf die »privaten« Chatäußerungen Helferichs. Hätte der AfD-Landesvize diese »öffentlich geäußert, dann hätte der Fall völlig anders gelegen«, so die AfD-Fraktionschefin und Parteivize.
Wahlkampfschwerpunkte Corona und Migration
Für den Wahlkampf, den das Spitzenduo Weidel und Chrupalla am Dienstag in Schwerin beginnt, zeichnen sich drei Schwerpunkte der AfD ab, die die Partei unter die Schlagworte »Freiheit, Wohlstand, Migration« fasste.
Weidel, die sich selbst auf »absehbare Zeit« nicht impfen lassen will (im Gegensatz zu den bereits geimpften AfD-Politikern Alexander Gauland und Meuthen), warf der Bundesregierung vor, Druck auf Ungeimpfte auszuüben, obwohl eine Impfpflicht gegen das Grundgesetz verstoße. Sie warnte vor einer »Zweiklassengesellschaft« und einem »Lockdown für Ungeimpfte« nach der Bundestagswahl. Das Impfen müsse eine freiwillige Entscheidung bleiben.
Chrupalla – der offenließ, ob er geimpft ist (»Mein Hausarzt weiß es, und da gehört es hin«) – forderte im Bereich der Ausgaben einen »Kassensturz« nach der Bundestagswahl. Die AfD sehe Einsparmöglichkeiten insbesondere im Bereich Migration, bei den Ausgaben für die Europäische Union und bei der Abkehr von einer »verfehlten Energiewende«.
Weidel führte auch ein neues Schlagwort für den AfD-Wahlkampf ein: Hatte Meuthen einst über eine »linksgrün versiffte Republik« geklagt, sagte Weidel nun, Deutschland sei zu einem »Hippiestaat« geworden. Auf die Frage, was darunter zu verstehen sei, antwortete die AfD-Spitzenkandidatin: ein Staat, »in dem die Polizei die Augen zumacht« und in dem es rechtsfreie Räume gebe.
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