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Bundestagswahlkampf: Annalena Baerbock will Ministerium für Gleichstellung - t-online

Im Dialog mit Wählerinnen und Wählern versuchte die Grünen-Politikerin zu punkten. Konnte die Kanzlerkandidatin überzeugen? Ihre wichtigsten Aussagen im Überblick.

Die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, hat sich im Rennen um das Kanzleramt den Fragen der Bürger gestellt. In der "Wahlarena" der ARD konnten 65 Zuschauer vor Ort Fragen an die Kanzlerkandidatin stellen, dazu kamen digital zugeschaltete Wählerinnen und Wähler. Um einen möglichst großen Querschnitt der Bevölkerung zu erreichen, wurde ein Großteil des Publikums mit Hilfe von Meinungsforschern ausgewählt. 

Zu Beginn der Diskussion wurde Baerbock gefragt, wie sie den Notstand in der Pflege beheben könne. Die Kanzlerkandidatin sagte zunächst, dass es bei lobenden Worten in der kommenden Regierung in dem Bereich nicht bleiben dürfe: "Im Bundestag haben wir auch sehr viel geklatscht, davon kann man allerdings nicht die Miete zahlen."

Baerbock schlug unter anderem vor, für Pflegekräfte eine 35-Stunden-Woche einzuführen. Gleichzeitig müsse man mehr Personal einstellen. Eine Fragestellerin, die selbst in dem Beruf tätig ist, entgegnete ihr daraufhin, dass eine Reduzierung der Arbeitszeit nur den Druck noch mehr erhöhe. Baerbock entgegnete, dass die zeitliche Entlastung dafür sorge, dass die Pflegekräfte ihre Belastung besser steuern könnten. Auch eine Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro sei in dem Bereich "überfällig."

Tempolimit weiter großes Ziel

Trotz vieler Vorbehalte machte Baerbock deutlich, sich weiter für ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf deutschen Autobahnen einzusetzen. "Man braucht Regeln in der Gesellschaft, sowie wir auch auf dem Fußballplatz Regeln haben", verteidigte Baerbock in der Live-Sendung die Forderung. "Auch bei Rot bleiben wir alle stehen."

Den Einwand des Fragestellers, dass sich ein Tempolimit mit einem verstärkten Aufkommen vom E-Autos von selbst erledigen werde, weil bei diesen wegen der Batterien Energie gespart werden müsse, ließ die Kanzlerkandidatin der Grünen nicht gelten. Inzwischen gebe es Batterien mit einer Reichweite von 700 Kilometern. "Deshalb wird sich das aus meiner Sicht nicht selbst regeln", sagte die Grünen-Vorsitzende.

Ministerium für Gleichstellung

Bei dem Thema Alltagsrassismus schlug die Grünen-Politikerin vor, ein "Gesellschaftsministerium" zu schaffen, das sich für mehr Gleichstellung einsetzt. Ein Fragesteller hatte zuvor geklagt, dass er sich mehrfach auf Stellen im öffentlichen Dienst beworben hatte, allerdings wegen seines türkischen Nachnamens bisher keinen Erfolg hatte. Die Moderatoren regten an, dass Baerbock sich die Telefonnummer des Fragestellers holen sollte, um ihm im Nachgang der Sendung zu helfen. Baerbock versicherte, mit ihm in Kontakt zu bleiben.

Angesprochen auf ländliche Regionen sprach die Grünen-Politikerin davon, dass das Internet stärker ausgebaut werden müsste: "Das Internet ist wie der Briefkasten vor 100 Jahren." Es sei daher erforderlich, dass jeder in Deutschland schnelles Internet hat. Baerbock kündigte an, sich bei den Ausschreibungen beim Netzausbau stärker für die ländlichen Gebiete einzusetzen. Der Ausbau müsse dort "absolute Priorität" haben.

Weniger US-Atomwaffen in Deutschland

Angesprochen auf die deutsche Außenpolitik warb Baerbock für mehr europäische Eigenständigkeit. Unter anderem sprach sie sich für eine "neue Abrüstungsinitiative" aus. Man müsse etwa perspektivisch die in Deutschland gelagerten Atomwaffen der USA reduzieren. Deshalb würde sie als Bundeskanzlerin stärker das Gespräch mit der US-Regierung suchen.

In der Energie- und Klimapolitik warb Baerbock erneut für eine umfassende Umwandlung. Um erneuerbare Energien zu fördern, sprach sich die Kanzlerkandidatin unter anderem für eine Pflicht für Solarzellen auf jedem Neubau und für einen verstärkten Einsatz von Biogas aus. Durch den schnelleren Ausbau sei auch ein Ausstieg aus der Kohle schon 2030 möglich. Einen Engpass in der Stromversorgung befürchtet Baerbock bei gleichzeitigem Ausbau der erneuerbaren Energien nicht.  

Für die Kulturbranche schlug Baerbock vor, konsequent auf "2G-Regeln" zu setzen. Damit ist gemeint, dass etwa in Theatern nur noch Genesene oder vollständig Geimpfte Zutritt erhalten. Ein negativer Coronatest allein reicht dann nicht mehr aus. Dadurch könne man verhindern, dass die Kulturbranche im Winter erneut vollständig schließen muss, sagte Baerbock. "Die Künstler bauen sehr auf Sie", hatte zuvor ein Regisseur und Schauspieler im Publikum gesagt. Er forderte ein Signal aus der Politik, wie die Kunst- und Kulturbranche gestärkt werden könne.

Partei auf Rang drei abgerutscht

Baerbock und ihre Partei stehen nach den letzten Umfragen unter Druck. Laut einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts "Insa" für "Bild" kommen die Grünen aktuell auf 15,5 Prozent und liegen damit deutlich hinter der CDU/CSU mit Kanzlerkandidat Armin Laschet (20,5) und der SPD mit Olaf Scholz (26).

Die Grünen hatten mit ihrer Parteivorsitzenden erstmals eine Kanzlerkandidatin in den Wahlkampf geschickt. Nachdem ihre Kandidatur Ende April öffentlich gemacht wurde, führten die Grünen nach wenigen Wochen die Umfragen mit bis zu 26 Prozentpunkten an. Seit Mitte Mai hat die Partei rund zehn Punkte in der Wählergunst verloren. In der Wahlarena wird sich am Dienstag SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz den Fragen der Bürger stellen, Armin Laschet folgt am 15. September.

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