Für Kabarettist Florian Schroeder ist die Debattenkultur in Deutschland von Hysterie geprägt. In seinem Buch „Schluss mit der Meinungsfreiheit!“, das am Freitag erscheint, stellt der 42-Jährige die These auf, dass vor allem in den Sozialen Medien viele Debatten zurzeit vergiftet seien. „Diese überhitzten Debatten prägen auch den Wahlkampf“, sagt Schroeder im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur.
„Im öffentlichen Diskurs stehen sich zwei Fraktionen im Schützengraben gegenüber: Auf der einen Seite sind die Märtyrer, meistens Männer etwas höheren Alters, die der Auffassung sind, die Meinungsfreiheit ist in Gefahr. Auf der anderen Seite sind Teile der Post 89er-Generation, die meinen, sie müssen festlegen, wer noch was wo sagen darf. Beide neigen zum Brüllen. Deshalb ist der Diskurs sehr aggressiv, entweder empört oder empfindlich“, sagt Schroeder. Ein Großteil der Menschen habe sich derweil schweigend zurückgezogen.
Die Politiker seien in diesen Zeiten besonderen Anforderungen ausgesetzt: „Wir erwarten von ihnen gerne die Quadratur des Kreises. Sie sollen klar sein, polarisieren, Meinungen haben, sie sollen überraschen, Weltprobleme lösen und man soll sich an ihnen reiben können. Wenn sie dann aber da sind, wollen wir uns nicht an ihnen reiben, dann kommen sie an den Pranger. Das ist Politikern gegenüber eine zutiefst verlogene Haltung.“
Die Aufregung um Armin Laschets Lacher in Erftstadt und um die Plagiatsvorwürfe gegen Annalena Baerbocks Buch zeigten laut Schroeder: „Wir ersetzen die politische Diskussion durch eine moralische. Wir reduzieren uns auf diese Themen. Der Wahlkampf spielt sich komplett auf moralistischen Nebenschauplätzen ab.“
Schroeder hält den Wahlkampf für den „mit Sicherheit biedersten“: „Alle Kandidaten wollen nett sein und keinen Satz sagen, der ihnen schief ausgelegt wird. Sie wollen lieber im Schlafwagen ins Kanzleramt rollen.“
Der aus Lörrach stammende und in Berlin lebende Kabarettist hatte im Sommer 2020 auf einer Kundgebung gegen die Corona-Politik in Stuttgart Aufmerksamkeit erregt, weil er sich auf der Bühne mit seinen Argumenten gegen die Teilnehmer gestellt hatte. Dieses Jahr wurde ihm der Deutsche Kleinkunstpreis verliehen.
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