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Erhöhte Corona-Gefahr in Kitas: „Für die Notbetreuung bezahlen unsere Beschäftigten mit ihrer Gesundheit“ - WELT

Ob Kitas im Lockdown halb geöffnet sind oder halb geschlossen, ist eine Frage der Interpretation. In manchen Bundesländern sind sie prinzipiell zu, bieten aber eine Notbetreuung an, in anderen sind sie zwar grundsätzlich offen, bieten aber nur einen eingeschränkten Betrieb.

Zwischen 20 und 70 Prozent schwankt die Auslastung je nach regionalem Regelwerk, das hat Familienministerin Franziska Giffey (SPD) nach der letzten Sitzung des Corona-Kita-Rats bekannt gegeben. Dass das auch ein erhöhtes Risiko für die Erzieherinnen und Erzieher bedeutet, liegt auf der Hand – nicht erst seit dem ersten Ausbruch mit der Virusmutation in Freiburg.

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Quelle: WELT/Matthias Heinrich

Das zeigt jetzt auch eine Analyse des bundesweit tätigen Kita-Trägers Fröbel. Das Unternehmen, das aktuell 197 Kitas und Horte in zehn Bundesländern betreibt, hat seit Beginn der Pandemie im März 2020 erhoben, wie viele ihrer 4200 Angestellten sich mit Corona infiziert haben. Das Ergebnis: Kita-Fachkräfte haben ein deutlich höheres Risiko, sich mit Covid-19 anzustecken als der Durchschnitt. Fast an allen Standorten des Sozialunternehmens liegt die Rate der positiv Getesteten deutlich über dem Wert für die bundesdeutsche Gesamtbevölkerung von rund 2,6 Prozent. Das ergibt sich aus den Daten, die der Kita-Träger seit Beginn der Pandemie an die Gesundheitsämter gemeldet hat.

So haben sich von den 1424 Angestellten in Nordrhein-Westfalen im Verlauf der Pandemie 5,3 Prozent infiziert, von den 906 Mitarbeitern in Berlin 6,6 Prozent. In Bayern mit 198 Mitarbeitern betrug die Infektionsquote 3,0, in Schleswig-Holstein bei 217 Mitarbeitern 7,4 Prozent. In Brandenburg arbeiten 770 Erzieherinnen und Erzieher für Fröbel; 6,7 Prozent von ihnen haben sich in den vergangenen Monaten infiziert, im Corona-Hotspot Lausitz sogar 11,3 Prozent. Das Unternehmen geht davon aus, dass die Auswertung ab 300 Beschäftigten Werte liefert, die auch für andere Kitas in der jeweiligen Region repräsentativ sind.

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Insgesamt sei eine deutliche Zunahme der Fälle seit November erkennbar, teilt Fröbel mit. Derzeit gehe man anhand der Entwicklung davon aus, dass sich jede Woche im eingeschränkten beziehungsweise offenen Betrieb bis zu 0,5 Prozent der Beschäftigten neu infizierten. Setze sich dieser Trend fort, könnten bis Ende Februar rund zehn Prozent und bis Ende April rund 15 Prozent der Mitarbeiter ein positives Testergebnis erhalten haben – wenn sich die neue Covid-19-Variante nicht schneller verbreitet als das in Deutschland bisher dominante Virus.

Für die Fröbel-Gruppe sind die Ergebnisse alarmierend. „Unsere Beschäftigten bezahlen gerade mit ihrer Gesundheit für die Notbetreuung“, sagt Geschäftsführer Stefan Spieker. Seit November gebe es eine deutliche Zunahme der Infektionen. „Wenn jetzt selbst die Kanzlerin sagt, dass die neue Virusvariante auch unter Kindern ansteckender sein könnte als bisher angenommen, dann müssen wir doch handeln.“ Spieker fordert vor allem ein schnelles Impfangebot. Das würde nicht nur das Personal in Kitas, sondern auch die Familien der betreuten Kinder schützen, sagte Spieker.

Schon lange an der Grenze der Belastbarkeit

Einen zügigen Impfstart verlangt auch Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, der ebenfalls bundesweit Kitas betreibt. Erzieherinnen und Erzieher gehörten richtigerweise zu den priorisierten Berufsgruppen, da ohne die Notfallbetreuung in den Kitas auch medizinisches Personal und andere für die Eindämmung der Pandemie wichtige Beschäftigte ausfielen. „Kitas gehören damit nicht nur zu den systemrelevanten Einrichtungen, sondern Erzieherinnen und Erzieher sind auch in besonderem Maße gefährdet, sich zu infizieren“, sagte Schneider WELT. Krippen- und Kleinkindbetreuung funktioniere nur mit körperlicher Nähe. „Hier kann keine Plexiglasscheibe helfen.“

Einen echten Lockdown habe es für die Kitas ohnehin nie gegeben, sagt Schneider. Selbst unter den aktuellen Bedingungen der Notfallbetreuung hätten viele Einrichtungen eine Auslastung von mehr als 50 Prozent. Gleichzeitig seien die Ausfallquoten hoch, sodass Personal und Einrichtungen schon lange an der Grenze der Belastbarkeit arbeiteten. „Es ist daher auch nicht nachvollziehbar, dass ausgerechnet Kitas sowohl bei der Ausstattung mit Masken als auch bei der Teststrategie bisher vielerorts weitgehend außen vor waren.“

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Der bessere Schutz der Beschäftigten war auch Thema bei der jüngsten Sitzung des Corona-Kita-Rats. Die aktuellen Ergebnisse der Corona-Kita-Studie zeigten zwar, dass der Lockdown Wirkung habe und die Zahl der infizierten Kinder von 2,2 auf 1,9 Prozent der Infizierten zurückgegangen sei, sagte Familienministerin Giffey. „Wir sehen aber auch, dass fast 20 Prozent des Personals nicht am Kind eingesetzt sind.“ Grund seien Erkrankungen, aber auch die Angst vor Ansteckung. „Deshalb ist es sehr wichtig, jetzt einen großen Fokus auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz des Personals zu legen.“ Solange Erzieher und Lehrkräfte noch nicht mit dem Impfen an der Reihe seien, müsse möglichst regelmäßig zweimal die Woche getestet werden.

Zudem rang sich das Gremium zu einer Empfehlung durch, die im Herbst noch zu großen Diskussionen geführt hatte: das Tragen von Masken. Im frühkindlichen Bereich sei eine Gesichtsabdeckung hinderlich, gerade kleine Kinder seien auf nonverbale Kommunikation angewiesen, hieß es damals. Das wird inzwischen anders eingeschätzt. Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen könnten Kinder sich darauf einstellen, wenn Erzieher Masken tragen, sagte Giffey. „Sie können trotzdem die Gesichtsmimik lesen.“

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