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Lindners Licht der Freiheit - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

In der Dunkelheit ein Lichtkegel. Darin Christian Lindner. „Das Licht der Freiheit leuchtet von Stuttgart aus in die Welt“, hatte Generalsekretär Volker Wissing zuvor gesagt, um die Traditionsveranstaltung der FDP zu eröffnen, das „Dreikönigstreffen“. Das gibt es seit 1864, unterbrochen lediglich vom Nationalsozialismus und nun beinahe von Covid. Aber eben nur beinahe.

Zweierlei konnte Teilnehmende aus den Hauptstädten Bonn und Berlin an „Dreikönig“ stets aufs Neue wundern. Einerseits die glamourösen Ball-Auftritte badischer und schwäbischer Liberaler sowie des Pfälzer Weinbotschafters Rainer Brüderle am Vorabend in der Alten Reithalle, einem Hotelsaal.

Zudem die Namensverwirrung darüber, dass im traditionellen Tagungsort „Staatstheater“ eigentlich die Stuttgarter Oper zu Hause ist, was als Widerspruch zum schwäbischen Ordnungssinn vermerkt wurde. Selbst wenn man bedachte, dass im Berliner Schauspielhaus hauptsächlich musiziert wird.

Die Zusammenkunft verfolgte über viele Jahre den Zweck, der Welt mitzuteilen, dass der organisierte Liberalismus lebt. In Wahljahren war das stets besonders wichtig, vor allem, wenn sowohl im Lande Baden-Württemberg als auch im Bund gewählt wird wie in diesem Jahr.

Stets bot das Stuttgarter Treffen Anlass für fröhliche Attacken auf die politische Konkurrenz, aber auch für kritische Betrachtungen über den Zustand der FDP. Es ist nicht lange her, da übersetzten junge Aktivisten der ebenfalls stets präsenten Wettbewerber das Kürzel der Partei mit „Fast Drei Prozent“. Davon ist die FDP aktuell weit entfernt.

„Arbeit an einer Entlastungsinitiative“

In seiner Rede hielten sich Anklage und Aufruf die Waage. Klage erhob Lindner gegen die Corona-Politik der Bundesregierung, die neuen Einschränkungen bezeichnete er als „Ausdruck eines Politikversagens mit Ankündigung“. Für die freiheitsliebende FDP gelte: „Nicht jeder Zweck heiligt die Mittel“, wobei Lindner vor allem den 15-Kilometer-Radius und Schulschließungen kritisierte.

Auch die Haushaltsregel (eine Person zu Besuch) schieße übers Ziel hinaus. Lindner warb für einen „Impfgipfel“ und planvolle, abgestufte Wiederöffnung in Regionen mit niedrigerem Infektionsgeschehen als „Chance, unsere Freiheit wieder leben zu können“. Was die Aufrufe betraf, so richtete der FDP-Vorsitzende den Blick auf die kommenden Wahlen und versprach, sich für Forschungsfreiheit, raschere Digitalisierung, bessere Bedingungen für Zuwanderer und Frauenförderung einzusetzen.

Ein zaghafter, fast matter Eindruck

Was das Traditionsthema Steuern betrifft, das unnachahmlich der verstorbene Guido Westerwelle in die Formel „Mehr Netto vom Brutto“ gegossen hatte, so hinterließ Lindner einen zaghaften, fast matten Eindruck. Wenn er Finanzminister wäre – was zu wollen er aber nicht bekannte –, würde es keine Erhöhung der Steuern geben, sondern „die Arbeit an einer Entlastungsinitiative“. Neben Lindner, üblicherweise in seinem Schatten, traten noch die baden-württembergischen Politiker Michael Theurer und Hans-Ulrich Rülke auf, die für das einheimische Publikum vor allem die CDU kritisierten und für den klassischen Verbrennungsmotor warben.

Theurer: „Die Bundesregierung unter Angela Merkel zerstört die deutsche Automobilindustrie, die EU-Kommission mit Ursula von der Leyen besorgt den Rest.“

Dann Rülke: Was die Europäische Union derzeit plane, sei die „Vernichtung des Verbrennungsmotors“ und damit ein „Morgenthau-Plan für Baden-Württemberg“. Diese Anspielung Rülkes war an die Weltkriegsgeneration unter den Zuschauern gerichtet und erinnerte an einen amerikanischen Finanzminister, der Deutschland nach 1945 in ein entindustrialisiertes Agrarland verwandeln wollte, um zu verhindern, dass von ihm je wieder eine Gefahr ausgeht.

Beklemmende Leere

Kurzweiliger wurde das Dreikönigstreffen durch die Einblendung kurzer Videofilme weiterer FDP-Politiker, die in Wahlkämpfen stehen, etwa aus Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Gemeinsam war den Auftritten eine beklemmende Leere: Mal sprachen sie vor oder in einer zugesperrten Schankwirtschaft, mal in einer verlassenen Schule oder Kantine.

Einer ließ sich in schwarzem Pulli in einer großen, lichtdurchfluteten, ebenfalls aber nahezu leeren Altbauwohnung filmen. Das Ganze wirkte etwas entrückt, verstärkte aber jedenfalls eine unbestimmte Sehnsucht auf eine belebtere Zukunft.

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