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Metzelder: Prozess beginnt, Freundin sagt nicht aus - Süddeutsche Zeitung - SZ.de

Sie haben den größten Gerichtssaal des Landgerichts ausgesucht, den zweitgrößten Düsseldorfs: E.116, den Schwurgerichtssaal. Dort finden sonst vor allem Mordprozesse und Verfahren mit vielen Angeklagten statt. Von 9.30 Uhr an wird hier an diesem Donnerstag nur ein Mann auf der Anklagebank sitzen: Christoph Metzelder.

Der frühere Fußballprofi muss sich zwar nicht vor dem Landgericht verantworten, sondern vor der kleinstmöglichen Gerichtsinstanz. Doch das benachbarte Amtsgericht hat keine ausreichend großen Säle, es hätten nur eine Handvoll Reporterinnen und Zuschauer zum Prozess zugelassen werden können. Drei Verhandlungstage sind angesetzt. In E.116 gibt es unter Einhaltung der Abstandsregeln 14 Plätze für Medienvertreter und 15 Zuschauerplätze.

Dabei ist der Straftatbestand, um den es geht, an den mehr als 600 deutschen Amtsgerichten eigentlich trauriger Alltag. Hundertfach werden jeden Monat Anklagen wegen Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte verhandelt - fast immer ohne dass die Öffentlichkeit davon Notiz nimmt. Das ist in diesem Verfahren anders, hier steht nicht nur ein Fußball-Vizeweltmeister vor Gericht, sondern auch ein Bundesverdienstkreuz-Träger, ein moralisches Vorbild, eine ehemalige Identifikationsfigur von Millionen Fußballfans.

Lange schwiegen Metzelders Anwälte

Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hatte Anklage gegen Christoph Metzelder erhoben, das Amtsgericht sie zur Hauptverhandlung zugelassen. Die ermittelnde Staatsanwältin wirft dem 40-Jährigen vor, "es unternommen zu haben, einer Person in 29 Fällen Besitz an kinderpornografischen Schriften zu verschaffen" sowie kinder- und jugendpornografisches Material in einem Fall besessen zu haben. Der Strafrahmen in solchen Fällen liegt zwischen drei Monaten und fünf Jahren, Ersttäter werden oft zu einer Bewährungsstrafe mit Geldauflage verurteilt. Die erfahrene Richterin Astrid Stammerjohann führt und entscheidet das Verfahren, wie an Amtsgerichten üblich, alleine.

Metzelder, der 2006 eine Stiftung für benachteiligte Kinder gründete und sich als "Schutzengel" in einem Verein für missbrauchte Kinder engagierte, soll über Whatsapp drei Frauen insgesamt 29 Fotos geschickt haben, auf denen sexuelle Gewalt gegen Kinder zu sehen ist. Eine von ihnen, eine Hamburgerin, brachte die Ermittlungen ins Rollen, weil sie zur Polizei ging. Nach Darstellung der Zeugin soll Metzelder sie über Instagram angeschrieben haben, danach sollen sich die beiden zweimal in einem Hamburger Hotel verabredet haben. Nach dem zweiten intimen Treffen hätten sich beide in einem Chat über einen längeren Zeitraum ausgetauscht - auch über sexuelle Vorlieben. Dann soll Metzelder die Missbrauchsdateien geschickt haben.

Anfang September 2019 waren die Vorwürfe gegen Metzelder, der eine heute elfjährige Tochter hat, öffentlich bekannt geworden. Doch bis Februar 2021 schwiegen Metzelders Anwälte. Dafür gingen sie gegen mehr als 150 Presseveröffentlichungen über die Anschuldigungen gegen Metzelder vor, erwirkten Unterlassungen, stritten mit dem Landtag in Düsseldorf über dessen Tagesordnung und zogen wegen einer Pressemitteilung des Amtsgerichts Düsseldorf vor das höchste Verwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen. Ihrer Ansicht nach war jede Berichterstattung, in der man den früheren Weltklasseverteidiger identifizieren kann, unzulässig. Die gängige Rechtsprechung ist jedoch eine andere: Über Personen "mit Vor-und Leitbildfunktion" darf berichtet werden, mögliche Straftaten gehören dabei zum Zeitgeschehen. Auch wenn bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung für Metzelder die Unschuldsvermutung gilt.

Metzelder sei "natürlich nicht pädophil"

Auf einen langen Text in der Wochenzeitung Die Zeit, in der die Hauptbelastungszeugin ihre Sicht der Geschichte ausführlich darlegte, reagierte Metzelders Verteidiger, der Kölner Ulrich Sommer, das erste Mal öffentlich. Der SZ sagte er damals, er halte die Frau für "eine Initiatorin und Provokateurin" und seinen Mandaten für einen Spielball höherer Interessen; mit Metzelders Prominenz solle die Verschärfung des Strafrechts hinsichtlich Kinderpornografie durchgesetzt werden, behauptete Sommer. Die Belastungszeugin habe sich mit ihrem Weg an die Öffentlichkeit reinwaschen wollen.

Vor einer Woche gab Sommer dem Privatsender RTL ein Interview. "Er weiß, was er gemacht hat", sagte er über seinen Mandanten. "Er weiß auch, dass man das als Fehler bezeichnen kann." Metzelder sei "natürlich nicht pädophil". Laut Sommer sind die verschickten Fotos Screenshots frei verfügbarer Bilder: "Er hat nichts aus dem Darknet, ist nicht in irgendwelchen Chatgruppen gewesen."

Metzelder sei, so Sommer, "über sich selbst erschrocken", befinde sich deswegen inzwischen in Therapie. Er habe "so etwas wie ein Doppelleben geführt". Irgendwann gebe es "diesen Kick auch mit Dingen, die man tunlichst nicht angefasst haben sollte". Dabei gehe es "um Sexualität und Umgang mit Frauen".

Frühere Freundin sagt nicht aus

Die frühere Freundin Metzelders aus Hamburg, die zur Polizei gegangen war, wird im Düsseldorfer Prozess nicht als Zeugin aussagen. Sie beruft sich auf ihr Auskunftsverweigerungsrecht, denn gegen sie wird ebenfalls ermittelt. "Wenn man selbst von der Staatsanwaltschaft beschuldigt wird, sagt man nicht in einem anderen Verfahren als Zeuge aus. Das ist zwar möglich, aber kein Verteidiger würde dazu raten", sagte ihr Verteidiger, der Hamburger Anwalt Leon Kruse auf SZ-Anfrage. Seine Mandantin warte selbst auf ihren Prozess vor dem Amtsgericht Hamburg.

Weil die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl über 1000 Euro gegen die Frau erlassen hatte, legte Kruse Rechtsmittel ein. Die Staatsanwaltschaft Hamburg wirft ihr vor, sich durch eine positive Kommentierung der Fotos um "den Erhalt der Bilder bemüht und Interesse an ihnen gezeigt zu haben", so ein Sprecher. Dem widerspricht ihr Verteidiger Kruse deutlich: "Ich halte es nicht für provokativ, sondern ganz im Gegenteil für sehr mutig." Metzelder habe das Gespräch in dem Chat auf sexuelle Fantasien mit Minderjährigen gelenkt. "Dann gibt es zwei Möglichkeiten: Man schaut weg oder man geht dem nach." Seine Mandantin habe Metzelder vorgespielt, sie würde seine Interessen teilen, um Straftaten gegen Kinder zu verhüten. Daher habe sie auf das erste Foto positiv reagiert.

"Ich glaube nicht, dass man in eine Polizeiwache gehen und sagen kann, man habe das Gefühl, dass Herr Metzelder pädophil ist. Ich glaube nicht, dass meine Mandantin dort ernst genommen worden wäre", sagt Kruse. "Ihr Verdacht hätte nicht für eine Durchsuchung gereicht." Berücksichtigen müsse man im Falle seiner Mandantin auch, dass das eine Situation war, "die einen möglicherweise überfordert, und dann macht man das, was man für richtig hält".

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