Sollen Kinder und Jugendliche geimpft werden? Vor dem Impfgipfel von Bund und Ländern kommt die Skepsis der Ständigen Impfkommission bei der Politik nicht gut an. Gesundheitsminister Spahn will das Gremium übergehen. Niedersachsens Landeschef greift es an. Thüringen und MV ignorieren es.
In der Debatte über eine Corona-Impfung für Schüler hat Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil Kritik an den jüngsten Äußerungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) geübt. "Dass die ständige Impfkommission nun plötzlich den Sinn einer flächendeckenden Impfung von Schülerinnen und Schülern grundsätzlich in Frage stellt, irritiert mich und auch viele andere Menschen", sagte Weil dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Vor ein paar Wochen hieß es noch, Schulen seien Brutstätten der Pandemie. Jetzt heißt es plötzlich, Kinder und Jugendliche stellen so gut wie gar kein Risiko dar. Beides ist falsch", sagte Weil weiter. "Kinder und Jugendliche können sich infizieren und das Virus weitergeben, deshalb müssen sie ein Impfangebot bekommen - sofern eine Zulassung vorliegt, bei der Nutzen und Risiken abgewogen wurden", sagte der SPD-Politiker.
Weil forderte die Bundesregierung auf, die notwendigen Impfdosen für eine Impfung der Schüler zur Verfügung zu stellen. "Der Bundesgesundheitsminister hat die klare Erwartung geweckt, dass allen Schülerinnen und Schülern ein Impfangebot gemacht wird, sobald der Impfstoff für sie zugelassen ist. Ich erwarte, dass der Bund dann auch die entsprechenden Impfstoffdosen in ausreichender Zahl zur Verfügung stellt", sagte er. "Notwendig sind zusätzliche Kontingente für Kinder und Jugendliche, es darf nicht zu einer Umverteilung zu Lasten prioritär Impfberechtigter kommen. Das ist einer der wichtigsten Punkte, die es bei dem Impfgipfel zu klären gibt", fügte Weil hinzu.
Spahn will STIKO-Votum nicht abwarten
Unmittelbar vor dem Impfgipfel der Bundesregierung mit den Ländern am Donnerstag hatte sich Gesundheitsminister Jens Spahn im „ntv-Frühstart“ dafür ausgesprochen, Kinder und Jugendliche auch ohne eine allgemeine Impfempfehlung der STIKO in die Impfkampagne einzubinden. Eltern sollten individuell "mit ihren Kindern, den Ärztinnen und Ärzten die konkrete Entscheidung treffen, ob jemand geimpft wird oder nicht", sagte Spahn.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow gab für sein Bundesland das Ziel aus, allen Schülern ab zwölf Jahren bis zum Ende der Sommerferien ein Corona-Impfangebot zu machen. Es stimme ihn zuversichtlich, "dass die Mehrheit der Eltern - und selbst ihrer Kinder - sehr aufgeschlossen gegenüber einer Impfung ist", erklärte der Linken-Politiker in Erfurt. Auch Mecklenburg-Vorpommern teilte schon vor dem Gipfel mit, man wolle mindestens 65 Prozent der Schüler ab einem Alter von zwölf Jahren zeitnah impfen. Das Bildungsministerium in Schwerin werde die Eltern anschreiben und ermitteln, wie hoch die Impfbereitschaft insgesamt sei, teilte die Regierung in Schwerin mit, ohne auf die Bedenken der STIKO weiter einzugehen.
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