Es war immer klar, dass die Zukunft des Verkehrs eine der schwierigsten Fragen der ehrgeizigen Klimapläne der EU sein würde. Rund ein Viertel des Ausstoßes entfallen auf den Verkehrssektor. Anders als in Industrie und Energiesektor steigen die CO2-Emissionen seit 1990. Dabei muss der Ausstoß nicht nur nach Analyse der EU-Kommission bis 2050 um 90 Prozent sinken, damit die EU ihr Ziel erreicht, klimaneutral zu werden – also nicht mehr CO2 auszustoßen, als der Erdatmosphäre auf natürlichem oder künstlichem Wege entzogen werden kann. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Klimakommissar Frans Timmermans wollten dafür vor allem die Autobranche in die Pflicht nehmen. Sie wollten den CO2-Ausstoß von Neuwagen bis 2035 auf null senken und einen neuen Emissionshandel für Autos und Verkehr schaffen.
Mit Widerstand unter den Mitgliedstaaten und im Europaparlament hatten sie gerechnet. Vor der entscheidenden Sitzung aber hat der Streit über die CO2-Grenzwerte für Neuwagen und die „Ausweitung“ des Emissionshandels die Kommission selbst an die Belastungsgrenze gebracht. An diesem Mittwoch soll das Kollegium das „Fit for 55“-Klimapaket beschließen, das die Emissionen der EU bis 2030 um 55 Prozent verglichen mit 1990 senken soll. Acht bis zehn Kommissare, darunter einflussreiche wie Vizepräsident Valdis Dombrovskis und der französische EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton, sperrten sich gegen ein Aus für den Verbrenner vor 2040.
Widerstand angekündigt
Noch größer war der Widerstand gegen den neuen Emissionshandel für Verkehr und Gebäude. Die Hälfte der Kommissare soll Bedenken angemeldet haben, darunter abermals Breton. Zwölf Stunden rangen die Kabinettschefs der Kommissare nach Informationen der F.A.Z. am Montag erfolglos um eine Lösung. Am Dienstag um 11 Uhr kamen sie wieder zu einem „Notfalltreffen“ zusammen.
Die Kritiker des Emissionshandels für Verkehr und Gebäude bemängeln vor allem, dass die daraus folgenden höheren Kosten für Benzin oder Heizöl insbesondere sozial schwache Gruppen träfen und ärmere Länder überforderten. „Dann kaufen die deutschen Autofahrer dem bulgarischen Mieter die CO2-Rechte zum Heizen weg“, sagt die Europaabgeordnete der Grünen, Jutta Paulus. Der Vorsitzende des Umweltausschusses im Parlament, Pascal Canfin aus der Partei des französischen Präsidenten Emmanuel Macron LREM, argumentiert, ein Emissionshandel für Verkehr und Gebäude könne nicht funktionieren, weil Privathaushalte anders als etwa die Industrie keine ökonomisch rationalen Entscheidungen treffen könnten. Im EU-Parlament sei außer der CDU faktisch niemand dafür, warnte er am Dienstag.
Auffällig ist, dass der Widerstand stark von Frankreich gesteuert wird. Dort hat Macron mit der „Gelbwesten“-Bewegung schlechte Erfahrungen gemacht, die in Reaktion auf die von ihm geplante Anhebung der Steuern für fossile Kraftstoffe entstand. Auch die Osteuropäer haben Widerstand angekündigt, während Deutschland die Pläne unterstützt. Allerdings gibt es hierzulande seit Jahresbeginn auch schon einen vergleichbaren Emissionshandel.
Von der Leyen und Timmermans haben darauf gesetzt, die Kritiker mit einem neuen Klima-Sozialfonds einfangen zu können. In den sollen einem Entwurf zufolge, der der F.A.Z. vorliegt, 20 Prozent der Einnahmen aus dem neuen Emissionshandel fließen. Das Geld soll anschließend nach einem Schlüssel, der in dem Dokument noch offengelassen ist, unter den Staaten verteilt werden. Die sollen damit die Modernisierung von Gebäuden oder sozial schwache Gruppen unterstützen können. Letztlich könnten die Staaten mit dem Geld machen, was sie wollten, kritisierte der EU-Abgeordnete Michael Bloss (Grüne).
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