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Afghanistan: Innenministerium verschleppte Beschluss zu Ortskräften - WELT

Das Bundesinnenministerium hat einen Beschluss zur vereinfachten Einreise von früheren Ortskräften aus Afghanistan offenbar verschleppt. Nachfragen von WELT dazu ließ das Haus von Innenminister Horst Seehofer (CSU) zunächst unbeantwortet.

Auf der Innenministerkonferenz (IMK) im Juni in Baden-Württemberg hatten die 16 Ressortchefs der Länder zusammen mit dem Bundesinnenminister verabredet, die Einreise für Ortskräfte zu erleichtern. Das Besondere bei der IMK ist: Beschlüsse können nur einstimmig gefällt werden. Seehofer hat also mit gestimmt.

Der von Niedersachsen initiierte Beschluss sah unter anderem vor, dass „alle Vorkehrungen für eine beschleunigte und flexible Bearbeitung der Gefährdungsanzeigen und des Visumverfahrens getroffen werden“. So sollte den Ortskräften eine schnelle Ausreise nach Deutschland ermöglicht werden. Gleichzeitig sollte der Bund prüfen, ob die Verfahren „verschlankt und beschleunigt“ würden, wenn die Visa nicht bereits in Afghanistan, sondern erst in Deutschland erteilt würden – dieses Verfahren nennt sich ‚Visa upon Arrival‘.

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Die Innenministerkonferenz forderte die Bundesregierung zudem auf, die Kosten für die Ausreisen in die Bundesrepublik „aus Fürsorgegründen“ zu übernehmen.

In den Wochen nach der Innenministerkonferenz, die Mitte Juni in Rust stattfand, ist davon kaum etwas vorangetrieben worden. Erst in der vergangenen Woche erklärte das Verteidigungsministerium beispielsweise angesichts der Eskalation in Afghanistan, dass Ortskräfte von nun an ihr Visum erst bei der Ankunft in Deutschland stellen müssten.

„Sie werden das durchziehen, was sie schon vor 20 Jahren durchgezogen haben“

Die aus Afghanistan evakuierte Ortskraft Wais Zakir arbeitete für Umweltministerin Svenja Schulze. Dank ihrer Hilfe gelang ihm die Flucht. Seine Prognose ist düster: „Die Taliban werden jetzt Gutes tun und dann das durchziehen, was sie schon vor 20 Jahren durchgezogen haben.“

Quelle: WELT

Bis zuletzt mussten Ortskräfte ihre Ausreise aus dem Land selbst organisieren und die Flüge selbst bezahlen – wobei die Kosten für eine Familie schnell so hoch lagen, dass die Finanzierung nicht unmittelbar stand.

Die Mitarbeiterzahl für die Bearbeitung von Gefährdungsanzeigen wiederum war in den vergangenen Wochen laut Regierung aufgestockt worden – allerdings konnten schwierige Fälle oder neue Anträge nach dem Abzug nur noch schwer bearbeitet werden. Laut Sicherheitskreisen gingen allein in den vergangenen Wochen etwa 1200 Gefährdungsanzeigen ein.

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Ein positiver Bescheid war in der Vergangenheit alles andere als selbstverständlich. Rund die Hälfte der Anträge war über die Jahre abgelehnt worden. Das Auswärtige Amt hatte zuletzt seit Ankündigung des Abzugs aus Afghanistan rund 2400 Visa für Ortskräfte und deren Kernfamilienangehörige erteilt.

In der Regierung geht man davon aus, dass sich aktuell noch mehrere Hunderte Ortskräfte mit ihren Familien in Afghanistan befinden. Ob sie es bis zum Flughafen schaffen und von dort ausgeflogen könnten, gilt in Sicherheitskreisen als unsicher. Die Taliban kontrollieren die wichtigen Zufahrtsstraßen.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) kritisierte das Bundesinnenministerium: „Es ist aus heutiger Sicht bitter, dass die Bundesregierung den von mir initiierten und letztlich einstimmig gefassten IMK-Beschluss aus dem Juni offensichtlich nicht entsprechend konsequent umgesetzt hat.“

Der Sprecher des von Sozialdemokraten geführten Innenressorts sagte WELT weiter: „Es wäre genug Zeit gewesen, Vorkehrungen zu treffen, damit die afghanischen Ortskräfte und ihre Angehörigen das Land noch vor der brutalen Offensive der Taliban verlassen können.“ Er hoffe, dass es eine Möglichkeit gebe, möglichst vielen Ortskräften „kurzfristig und unbürokratisch“ zu helfen.

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