Das Leipziger Hotel Westin hat nach Antisemitismus-Vorwürfen des Sängers Gil Ofarim reagiert und am Dienstag die „betreffenden Mitarbeiter“ beurlaubt. Das bestätigte am Abend die stellvertretende Managerin Antje Reichstein. „Wir sind ein weltoffenes Hotel und lehnen jede Form von Intoleranz, Diskriminierung und Antisemitismus auf das Schärfste ab. Deshalb sind wir über die unerträglichen Vorwürfe von Herrn Ofarim besorgt und alarmiert“, so Reichstein weiter. Antisemitismus sei nicht entschuldbar und werde in ihrem Hotel nicht geduldet. Die Hotelführung versuche mit Gil Ofarim persönlich in Kontakt zu treten, um den Vorfall vollständig aufzuklären. „Unser Ziel ist es, alle unsere Gäste und MitarbeiterInnen zu integrieren, zu respektieren und zu unterstützen, unabhängig von Religion, Hautfarbe oder sexueller Orientierung, so die Managerin.
Ofarim macht Vorfall öffentlich
Der Musiker Ofarim ist laut eigener Aussage im Hotel Westin antisemitisch beleidigt worden. Wie der 39-Jährige in sozialen Netzwerken berichtet, versuchte er am Montag in dem Haus am Innenstadtring einzuchecken. Aufgrund seiner offen getragenen Davidstern-Kette sei ihm dies aber vom Personal verwehrt worden.
Wie Ofarim in einem etwa zweiminütigen, offensichtlich vor dem Eingang der Herberge aufgenommen Video erzählt, habe er in einer Schlange beim Check-in gewartet. Nach und nach seien andere Kundinnen und Kunden vorgezogen worden. Als er nachfragte, warum er länger warten müsse, habe der Mitarbeiter an der Rezeption zunächst erklärt, die Schlange müsse entzerrt werden. Ein anderer Mitarbeiter soll daraufhin gerufen haben: „Pack deinen Stern ein!“ Dann soll laut des Künstlers auch der Mann am Empfang gesagt haben: „Packen Sie Ihren Stern ein.“
Staatsanwaltschaft Leipzig prüft Vorwürfe
Wie es am Dienstag aus dem Management des Künstlers hieß, war Ofarim am Montag aufgrund einer Fernsehaufzeichnung des MDR in der Messestadt. Aktuell werde darüber nachgedacht, den Vorfall strafrechtlich zur Anzeige zu bringen. „Gil muss die jüngsten Vorkommnisse gestern in Leipzig erst einmal verdauen und ist noch sichtlich schockiert. Heute wäre der Geburtstag seines Vaters gewesen“, so eine Sprecherin am Dienstag.
Die Leipziger Polizei erklärte, das auf Instagram gepostete Video des Künstlers sei inzwischen gesichert worden. „Wir haben den Fall der Staatsanwaltschaft Leipzig zur rechtlichen Prüfung vorgelegt“, so Behördensprecher Olaf Hoppe. Sollten sich die Vorwürfe erhärten, wäre beispielsweise ein Ermittlungsverfahren aufgrund der Beschimpfung von religiösen Bekenntnissen (Paragraph 166 StGB) denkbar.
Eine Sprecherin der Marriot-Kette, zu der das Leipziger Hotel gehört, erklärte am Dienstag: „Wir sind besorgt über den Bericht und nehmen die Vorwürfe sehr ernst. Wir versuchen mit allen Mitteln, Herrn Ofarim zu kontaktieren und herauszufinden, was passiert ist. Unser Ziel ist es, alle Gäste und Mitarbeiter respektvoll zu behandeln, egal welcher Religion sie angehören.“
Dulig entschuldigt sich bei Gil Ofarim
In sozialen Netzwerken sorgten Ofarims Schilderungen vielfach für Empörung und lösten am Dienstag eine Welle der Unterstützung aus. Mehrere Politikerinnen und Politiker sowie andere Persönlichkeiten stellten sich hinter den Künstler. So schrieb Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden, auf Twitter: „Die antisemitische Anfeindung gegen Gil Ofarim ist erschreckend. So wie zu hoffen ist, dass das Westin personelle Konsequenzen zieht, hoffe ich ebenso, dass wir künftig auf Solidarität treffen, wenn wir angegriffen werden.“
Sachsens Vize-Ministerpräsident Martin Dulig (SPD) erklärte: „Es ist inakzeptabel und macht mich wütend, was Gil Ofarim in meinem Heimatland widerfahren ist. Ich spreche für die übergroße Mehrheit der Menschen in Sachsen, wenn ich mich stellvertretend für die antisemitische Demütigung entschuldige.“ Sachsen Umweltminister und Vize-Ministerpräsident Wolfram Günther (Grüne) reagierte ebenfalls bestürzt. „Antisemitismus darf keinen Platz haben. Nicht offen, nicht verdeckt. Nicht in Sachsen, nicht in Deutschland, nirgendwo.“ Die Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz (Linke) forderte eine schnelle Klärung des Skandals. „Angefangen mit einer Entschuldigung bis hin zu personellen Konsequenzen! Das ist keine Bagatelle.“
Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) sagte am Dienstag, er hoffe, dass Gil Ofarim Anzeige bei der Polizei erstattet. „Sachsen ist ein weltoffenes Land – mit den Schatten, die Sie kennen. Wir kämpfen dafür, dass es ein weltoffenes Land bleibt. Und wir sind darauf angewiesen, dass Gäste, die zu uns kommen, sich sicher fühlen können.“
Christopher Zenker (SPD), Vorsitzender der Städtepartnerschaft Leipzig-Herzlia (Israel), forderte die Geschäftsführung des Hotels Westin auf, klare Kante zu zeigen: „Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, müssen Konsequenzen folgen, gerade in einem Hotel, das tagtäglich Menschen aus aller Welt mit unterschiedlichen Religionen beherbergt. In Leipzig hat Antisemitismus keinen Platz.“
Der sächsische AfD-Europapolitiker Maximilian Krah wollte dagegen noch nicht in die vielfachen Solidaritätsbekundungen einsteigen. „Angeblicher antisemitischer Vorfall in Leipziger Hotel. Das glaube ich erst, wenn man auch den Hotelmitarbeiter befragt hat“, schrieb der 44-Jährige auf Twitter.
Demonstration am Dienstagabend
Die Initiative „Leipzig nimmt Platz“ hatte bei der Stadt für Dienstagabend eine Kundgebung am Westin-Hotel angemeldet, wie Sprecherin Irena Rudamolph-Kokot erklärte. An der Demonstration nahmen Hunderte Menschen teil. Auch mehrere Mitarbeiter des Hotels setzten etwas abseits der Demo ein Zeichen und stellten sich mit einem Banner, das unter anderem israelische Fahnen zeigte, vor den Eingang des Hauses.
Gil Ofarim ist Sohn des in Tel Aviv (Israel) geborenen Sängers und Produzenten Abi Ofarim. In den 1990er Jahren hatte er als Kinderstar „Gil“ mehrere Charthits und tourte weltweit. In den vergangenen Jahren nahm er unter anderem an der Casting-Sendung „The Voice of Germany“ und der Tanzshow „Let’s Dance“ teil. Ofarim tritt darüber hinaus auch als Schauspieler und Synchronsprecher in Erscheinung.
Von Matthias Puppe/Josephine Heinze
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