Die Union steckt in einer tiefen Krise. Nach dem Wahldebakel vom vergangenen Sonntag scheint jetzt auch die Führungsrolle von Kanzlerkandidat Armin Laschet in Frage zu stehen. Das wurde am Sonntagabend in der Talkshow mit Anne Will in der ARD deutlich.
Es war eine harte Woche für die Union: Nach den dramatischen Verlusten bei der Bundestagswahl gibt es zwar immer noch eine Hoffnung auf eine Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen. Die Rolle von CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet scheint dabei jedoch unklar. Einige hochrangige Unionsmitglieder haben in der vergangenen Woche seinen Rücktritt gefordert. Und in einem Zeitungsinterview zweifelte FDP-Chef Christian Lindner jüngst den Regierungswillen der Union überhaupt an. In der Sendung "Anne Will" erklärt CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen schließlich, Laschet solle nicht Bundeskanzler werden - um dann einen kleinen und ungeschickten Rückzieher zu machen.
In ihrer Talkshow versuchte Moderatorin Anne Will auszuloten, wie es denn in den nächsten Tagen mit den Sondierungsgesprächen weitergehen und was am Ende herauskommen könnte. Dazu hatte sie Vertreter der vier beteiligten Parteien eingeladen. Als journalistische Beobachterin war Christiane Hoffmann vom "Spiegel" dabei.
"Wir wollen die Ampel"
Hoffmann ist es dann auch, die sich gegen Ende der Sendung zu einer Aussage über ein Regierungsbündnis äußert: Sie glaubt an eine Ampel-Koalition. Zwar sei man noch sehr weit von einer Einigung entfernt, sagt sie. Aber: "Der Anfang war nicht schlecht."
FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke ist da schon vorsichtiger. Über eine Koalition mag er sich nicht äußern, attestiert aber der Union ein Kommunikationsproblem, das diese dringend lösen müsse. Für ihn kommt es darauf an, mit wem die Liberalen am besten Inhaltlich zusammenarbeiten können. "Mit der CDU wäre es leichter", fügt er hinzu. Doch seine Wunschkoalition sei am Ende die, "bei der von der FDP-Politik am meisten durchkommt".
Grünen-Politiker Konstantin von Notz gehört zu dem Team, das Koalitionsgespräche vor- und nachbereitet. Er wünscht sich eine "Regierung des Aufbruchs". Dazu müsse man jetzt mit allen beteiligten sprechen. Allerdings kritisiert auch er die Union: "Sie ist nicht gerade in einem satisfaktionsfähigen Zustand."
"Wir wollen die Ampel", sagt die SPD-Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig. Sie wünscht sich Veränderungen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik und möchte beim Klimaschutz vorankommen. "Wir versprechen uns mit einer Ampel-Koalition mehr Power für die Energiewende."
"Ein Witz in Tüten"
Die Union habe die Wahl verloren, trotzdem sei die CDU die einzige Volkspartei, sagt Norbert Röttgen. Damit das so bleibe, müsse sich die Union verändern. Dann stellt Moderatorin Anne Will die alles entscheidende Frage: "Wollen Sie, dass Armin Laschet Kanzler wird?" Die Antwort erstaunt: "Wir wollen Sondierungsgespräche führen und ermitteln: Gibt es eine Übereinstimmung in der Sache und in den Inhalten, die wir gemeinsam bewerten? Wenn man dazu kommt, dass Jamaika eine größere Chance hat, dann kommen am Ende auch Personalfragen."
Anne Will fragt nach, und nach einigem Zögern erklärt Röttgen: "Die Frage, die Sie gestellt haben, würde ich nicht mit 'Ja' beantworten." Die CDU habe die Wahlen verloren und könne nun nicht einen Regierungsanspruch stellen.
Auf eine dritte Nachfrage antwortet Röttgen, es sei jetzt nicht das Ziel, über einen Kanzler zu reden, sondern über politische Inhalte.
Manuela Schwesig wirkt entsetzt: "Was Sie gerade gesagt haben, ist ein Witz in Tüten." Die SPD jedenfalls stehe zu Olaf Scholz. Von Notz stimmt zu: Bei der Union sei vieles in Unordnung, sagt er, und Journalistin Hoffmann fragt, wie man ernsthaft mit einer Partei in Koalitionsverhandlungen gehen solle, bei der nicht klar ist, wer dort das sagen hat. Fricke versucht zu retten, was noch zu retten ist. Bei der SPD wisse er schließlich auch nicht, wieviel Olaf Scholz er bekomme, kritisiert er.
"Machen die Tür für Jamaika nicht zu"
Konstantin von Notz will eine Jamaika-Koalition nicht ganz ausschließen. "Wir machen die Tür für Jamaika nicht zu", sagt er. Dafür müsse aber die Union sortiert auf dem Platz stehen. "Den Eindruck habe ich im Augenblick nicht."
Der Eindruck, der am Ende der Sendung von den vier eingeladenen Politikern bleibt: Eine SPD-Ministerpräsidentin, die fest von der Regierungsfähigkeit und dem Regierungswillen ihrer Partei überzeugt ist, und zwei Politiker von Grünen und FDP, die trotz aller Meinungsunterschiede eine neue Regierung wollen. Und ein verzweifelter CDU-Politiker, der langsam zu erkennen scheint, dass die Führungskrise in der CDU nach dem Rückzug von Angela Merkel größer ist als erwartet.
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