Berlin Zwanzig Minuten später als angekündigt traten die Parteispitzen vor die Kamera – und waren zehn Minuten später schon wieder verschwunden. Die Grünen-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck sowie FDP-Chef Christian Lindner sprachen von „guten Gesprächen“ der beiden Parteien, die am Freitag zum zweiten Mal ein mögliches Bündnis ausloteten.
„Der Prozess hat in guter Atmosphäre begonnen, er ist aber nicht abgeschlossen“, sagte Lindner. Es werde weitere Treffen geben. Wann, ließen die drei offen – ebenso, welche Themen besprochen wurden. „2017 soll sich nicht wiederholen“, sagte Baerbock mit Blick auf die gescheiterten Jamaika-Sondierungen vor vier Jahren, bei denen schon „kleine Wasserstandsmeldungen“ an die Öffentlichkeit geraten waren.
„Wir fühlen uns gemeinsam beauftragt, einen neuen Aufbruch zu organisieren“, sagte Lindner nach den gut vierstündigen Beratungen. Es gehe jetzt darum, herauszufinden, wie das Trennende überwunden werden könne. Grünen-Parteichef Habeck bezeichnete die Diskussion als „sachorientiert“. Beide Parteien stünden für Veränderungen, aber nicht notwendigerweise für dieselben Veränderungen.
Baerbock sprach von einem historischen Moment „in unserem Land“, weil ein neues Bündnis eine Politik voraussetze, „die sich nicht auf den kleinsten gemeinsamen Nenner ausrichtet“, sondern für einen wirklichen Aufbruch, für eine wirkliche Erneuerung in dieser Gesellschaft sorge, gerade bei den großen Zukunftsaufgaben.
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Am Dienstagabend hatten sich die beiden kleineren möglichen Koalitionspartner zu einem ersten Gespräch getroffen. An diesem Freitag traten Grüne und FDP mit einem jeweils zehnköpfigen Team an.
Bei der zweiten Runde sogenannter Vorsondierungen sollte es konkreter um Inhalte und Ziele einer möglichen künftigen Koalition gehen.
Die CSU meldete zuvor ihre Bereitschaft für Sondierungsgespräche mit dem Ziel einer Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDP. „Wir als CSU wollen alles dafür tun, dass die Möglichkeit, die besteht, auch genutzt wird“, sagte CSU-Generalsekretär Markus Blume nach einer Präsidiumssitzung seiner Partei in München. Am Sonntag beraten sich Grüne und FDP dann jeweils mit der SPD, die FDP trifft darüber hinaus die Union zu Verhandlungen.
Robert Habeck: „Guter Start auf dem Weg zur Bildung einer neuen Regierung“
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz warb derweil erneut für das von ihm angestrebte Bündnis mit Grünen und FDP. „Ich bin optimistisch, dass eine Ampelkoalition gelingen kann“, sagte Scholz dem „Spiegel“. Die Deutschen hätten mit ihren Stimmen SPD, Grüne und FDP stärker gemacht. „Das ist eine Botschaft an diese drei, das jetzt auch hinzukriegen und miteinander eine Regierung zu bilden.“
Scholz betonte die Notwendigkeit, „dass die Parteien auf Augenhöhe miteinander reden und sich alle im Koalitionsvertrag wiederfinden“. „Wer miteinander eine Regierung bilden will, muss Vertrauen zueinander haben. Denn später werden wir viele Aufgaben lösen müssen, die bei den Koalitionsverhandlungen noch gar nicht vorhersehbar waren.“
Grüne erwarten schwierige Verhandlungen
Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt erwartet indes harte Verhandlungen. Niemand solle so tun, „als ob wir uns schon Wattebäuschchen gegenseitig zuwerfen“, sagte Göring-Eckardt am Donnerstag in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“ und fügte hinzu: „Das werden harte Verhandlungen.“
Mit schwierigen Diskussionen rechnet die Fraktionschefin etwa in der Klimapolitik. Sie verwies auf die Verhandlungen über den CO2-Preis. „Das waren die krassesten Verhandlungen und wer am meisten im Weg stand dafür, da ambitioniert zu sein, war Olaf Scholz.“
Die Günen-Vize Jamila Schäfer warb im Handelsblatt-Interview dafür, bei den Gesprächen Themen nicht auszuschließen, in denen zwischen Grünen, FDP und SPD die größten Differenzen bestehen. „Wir müssen auch über die schwierigeren Punkte sprechen, um gegenseitiges Vertrauen aufzubauen“, sagte Schäfer.
Es sei „inhaltlich eine Herausforderung, mit der FDP, aber auch der SPD“ etwa beim Klimaschutz weiterzukommen. „Die SPD muss es hinter sich lassen, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit gegeneinander auszuspielen“, sagte sie weiter. Der FDP kaufe sie ab, die Dringlichkeit des Themas erkannt zu haben. Das Problem sei, dass die Liberalen diese Dringlichkeit mit ihren Maßnahmen aber nicht hinterlegt hätten.
FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sieht es als vorrangige Aufgabe bei den Gesprächen zur Regierungsbildung, Gemeinsamkeiten zu suchen. „Es geht jetzt nicht darum, Unterschiede der Parteien in einzelnen Positionen zu betonen“, sagte Theurer der Deutschen Presse-Agentur. „Denn es braucht eine stabile Regierung.“ Theurer gehört zum Verhandlungsteam der FDP.
Mehr: Sondierungs-Fahrplan steht: Wer wann mit wem über die Ampel oder Jamaika spricht
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