Es kann so nicht weitergehen, das dürfte so ziemlich jedem in der CDU nach diesem Wahltag klar sein. Auch ihr Vorsitzender Armin Laschet wird einsehen müssen, dass es nicht stimmt, was er noch kurz vor dem Wahlsonntag sagte: Bundespolitisch hätten Landtagswahlen keinerlei Effekt, sprach Laschet, sie hätten stets ihren ganz eigenen Charakter. Immer schön ruhig bleiben – das war seine Botschaft.
Tatsächlich steht Laschets Partei vor unübersehbaren Problemen. Die unionsgeführte Bundesregierung versagt beim Impfen. Die eigenen Leute entpuppen sich als gierige Maskenhändler. Zwei Herren rangeln um die Kanzlerkandidatur. Und jetzt gehen die Wahlen in Mainz und Stuttgart auch noch dermaßen schief, dass man sich fragt, wo diese Rutschbahn nach unten eigentlich enden soll. Sechs Monate vor der Bundestagswahl wirkt die Union so desorientiert, ja so blank, dass selbst SPD und FDP wieder ein bisschen an sich glauben. Und das will wirklich etwas heißen. Laschet braucht dringend etwas, um die Dynamik zu ändern, einen Aufbruch, eine Art Haltelinie. Das Tragische ist, dass allzu viel nicht infrage kommt. Genau genommen hat er zwei Optionen, und beide sind schlecht.
Laschets schlechte Optionen
Laschet könnte, Option A, auf die revolutionäre Idee kommen, langsam mal ein Programm vorzulegen, eine Idee, wie die Union künftig zu regieren gedenkt. Bislang sind diesbezüglich nur sehr rudimentäre Ansätze zu erkennen, die sich im Wesentlichen darum drehen, möglichst oft »die Mitte« zu rufen und an einem Sparfetisch festzuhalten, der von der eigenen Kanzlerin längst ignoriert wird. Im Sommer will die Union konkreter werden, was reichlich spät ist. Nur wird es schneller jetzt kaum noch gehen. Erstens ist die Partei so uneins, dass die Frage des Programms ein komplizierter Verhandlungsprozess werden dürfte. Und zweitens ist nicht einmal klar, wer dieses Programm im Wahlkampf überhaupt als Nummer eins vertreten soll.
Womit wir bei Option B wären: der Kanzlerkandidatur. Auch die muss Laschet eigentlich schleunigst klären. Dass sechs Monate vor der Wahl diese Frage in Deutschlands vermeintlich letzter Volkspartei überhaupt noch offen ist, ist für die Union nicht nur peinlich, sondern lebensgefährlich. Eben weil das Duell zwischen Laschet und Markus Söder nicht geklärt ist, reiben sich die Lager, eben weil unklar ist, wie der Kampf ausgeht, belauern sich die Staatskanzleien ins Düsseldorf und München. So entsteht überhaupt erst der Eindruck einer verunsicherten Partei.
Höchste Zeit für ein Frühstück mit Söder
Nur: Ausgerechnet im Stimmungstief diese Frage zu klären, ist schwierig. Die Entscheidung könnte verpuffen, als Verzweiflungstat gedeutet werden, im schlimmsten Fall könnte sie sogar demobilisieren. Laschet hat schon bei seiner Wahl zum Vorsitzenden keine riesige Begeisterung ausgelöst. Warum sollte er in dieser Krise plötzlich als derjenige erscheinen, der die Union rettet und den Abgeordneten ihre Mandate? Laschet könnte Söder die Kandidatur anbieten. Nur ist die Lage der Union so instabil, dass es für den CSU-Chef womöglich attraktiver sein könnte, es sich in München noch ein paar Jahre gemütlich zu machen. Kurzum: Es kann eine Lage eintreten, in der Söder in der Union als letzter Retter gilt, nur eben leider nicht antreten will.
Zwischen Ostern und Pfingsten wollten sie sich mal zusammensetzen, um die Aufstellung für die Bundestagswahl zu beraten, sagt Laschet. Vielleicht sollten beide doch mal schneller frühstücken. Denn klar ist nach diesem Sonntag eins: In der Union brennt es.
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