Search

Grüne & Bundestagswahl: Baerbock in kleiner Dosis - WELT

Die Wahlkämpfer der Grünen an der Parteibasis stehen offenbar treu zu Annalena Baerbock. Kein Plakat, so sagte Bundesgeschäftsführer Michael Kellner am Montag, würden sie derzeit in der Wahlkampf-Zentrale so oft bestellen wie das, auf dem die Kanzlerkandidatin tatsächlich allein zu sehen ist. Ohne den Spitzenduo-Kompagnon Robert Habeck. Ohne Symbol-Personen.

Nur Baerbock zeigt dieses Plakat. Daneben der Slogan „Wirtschaft und Klima ohne Krise“, was aussagen soll, dass es mit den Grünen weder für die Ökonomie noch für die Atmosphäre brenzlig werde.

Wahlkampfplakate der Gruenen zur Bundestagswahl 2021
Quelle: Grüne © Fondation Carmignac/Philippe Chancel

Dass dafür Baerbock stehe und dass sie dafür allein stehen könne, scheint die feste Überzeugung der Engagierten in der Partei zu sein. Die Diskussionen über Korrekturbedarf in Lebenslauf-Angaben und über nicht angegebene Einnahmen, über ein Buch voller Übernahmen und eine trotz Stipendium nie fertiggestellte Dissertation – die Diskussionen über all dies haben offensichtlich keine demobilisierende Wirkung auf die Grünen: Die Basis setzt auf Baerbock.

Lesen Sie auch
WELT-Chefredakteur Ulf Poschardt
Wahlkampagne der Grünen

Aber für die Kampagnen-Manager um Kellner lässt sich das so eindeutig nicht sagen. Hier nutzt man bei den am Montag vorgestellten Motiven der ersten und der zweiten Plakat-Welle verschiedene personelle Möglichkeiten. Neben dem Baerbock-Plakat gibt es auch eines nur mit Habeck, mit dem etwas detaillierter wirkenden Slogan „Züge, Schulen, Internet – ein Land, das einfach funktioniert“.

Wahlkampfplakate der Gruenen zur Bundestagswahl 2021
Quelle: Grüne © Fondation Carmignac/Philippe Chancel

Beide Spitzenfiguren zusammen werden auch gezeigt, unter anderem mit „Zuhören und Zutrauen“ und „Für einen neuen Aufbruch“.

Wahlkampfplakate der Gruenen zur Bundestagswahl 2021
Quelle: Grüne © Fondation Carmignac/Philippe Chancel

Des Weiteren einfache Themen-Plakate, etwa mit einer jungen Frau („Kommt, wir bauen das neue Europa“) oder einer Krankenhaus-Angestellten („Ganz einfach: Gleiche Arbeit, gleiche Bezahlung“).

Wahlkampfplakate der Gruenen zur Bundestagswahl 2021
Quelle: Grüne © Fondation Carmignac/Philippe Chancel
Wahlkampfplakate der Gruenen zur Bundestagswahl 2021
Quelle: Grüne © Fondation Carmignac/Philippe Chancel

In der Summe also fixieren sich die Grünen nicht auf Baerbock, drängen sie aber auch nicht an den Rand – und rücken schon mal gar nicht von ihr ab. Sie halten sich aber offen, wie es mit der Kanzlerkandidatin weitergeht. Denn noch nicht präsentiert wurden die Motive für die dritte Plakatierungswelle in der Schlussphase des Bundestagswahlkampfs, wo sich die Kampagne „weiter personalisieren wird“, wie Kellner sagte. Aber was Personalisierung für die Grünen dann bedeuten und auf wen sie sich richten wird, sagte er nicht.

Baerbock soll bei CDU-Politiker Heilmann abgeschrieben haben

Wegen der Plagiatsvorwürfe um ihr Buch steht Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock in der Kritik. Ein Satz darin soll nahezu identisch mit einer Passage aus dem Buch von CDU-Politiker Heilmann sein. Für ihren Gegner Armin Laschet ist das im Wahlkampf ein Geschenk.

Quelle: WELT

Das Wort „Kanzlerin“ kommt in der bisher sichtbaren Kampagne nicht vor. „Wir kämpfen dafür“, sagte Kellner immerhin, „dass wir eine Regierung anführen können.“ Und: „Wir fordern die Union heraus.“ Baerbock bezeichnete er als eine „Anwältin von Kindern und Jugendlichen, dass die nicht verloren gehen“.

Ihre Wahlkampfreisen quer durchs Land aber wird Baerbock erst am 9. August beginnen. Bis dahin muss man sich bei Interesse am grünen Spitzenpersonal auf Habeck konzentrieren, der bald auf sommerliche Küstentouren geht. Insofern hat Baerbock jedenfalls im Hinblick auf Auftritte noch ein wenig Schonfrist.

Lesen Sie auch
Gremiensitzung - Bündnis 90/Die Grünen
Pro und Contra

Was jenseits der Personalfrage an den Motiven auffällt, ist die Verstärkung der schon seit Längerem zu beobachtenden Tendenz, dass die Grünen nicht mehr witzig sein wollen. Noch 2013 hatten sie im Bundestagswahlkampf Bilder von einer ermüdeten Angela Merkel und einem dösenden Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) mit dem Slogan „Black Hawk Down“ kombiniert. Jetzt zeigen sie treuherzig einen jungen Vater mit einem kleinen Kind auf der Schulter neben dem Satz „Am Klimaziel führt kein Weg vorbei“.

Wahlkampfplakate der Gruenen zur Bundestagswahl 2021
Quelle: Grüne © Fondation Carmignac/Philippe Chancel

Ein Grund für diese Reizarmut könnte neben dem Seriositätsanspruch der aufs Kanzleramt hoffenden Partei auch sein, dass die Grünen im Wahlkampf laut Kellner einen Schwerpunkt auf „die Zielgruppe 60 plus“ legen wollen. Diese Ansprache der vielleicht für ernsthafter gehaltenen Älteren ist zum einen, laut Kellner, eine „Ansage an die Union“, der die Grünen offenbar die Dominanz unter den nicht mehr Jungen streitig machen wollen. Unrealistisch ist dies nicht, weil Umwelt- und Klimaschutz vielen Älteren sehr wichtig sind.

Zum andern kann diese Schwerpunkt-Setzung als Pflege der engeren Anhängerschaft gelten. Denn „60 plus“ ist die Generation der Parteigründer, die als junge Leute in den 80er-Jahren die Grünen stark machten. Viele von ihnen halten der Partei bis heute die Treue. Ob sie aber der einstigen Witzigkeit und Ironie-Freude nicht mehr die Treue halten wollen, wird sich zeigen müssen. Konkret sieht der 60-plus-Schwerpunkt so aus, dass ein älterer Mann mit Brille, Bart und Sweatshirt aufs sein Smartphone guckt. Daneben steht: „Lädt nicht, gibt’s nicht.“

Wahlkampfplakate der Gruenen zur Bundestagswahl 2021
Quelle: Grüne © Fondation Carmignac/Philippe Chancel

Auffällig an den Plakaten ist auch, dass Soziales und Finanzielles kaum eine Rolle spielen. Zwar enthält das Wahlprogramm der Grünen viele Forderungen zu einer eher umverteilenden Steuerpolitik, zur Arbeitsmarkt-Regulierung, zur Eindämmung von Mega-Konzernen und zur Mietenkrise. Aber abgesehen von einem Motiv zum Thema Kinderarmut wollen sich die Grünen mit jenen Programm-Schwerpunkten den Wählern offenbar nicht präsentieren. Auf den Plakaten dominieren Klima- und Umweltschutz, Digitalisierung und Einsatz gegen Diskriminierungen.

Wahlkampfplakate der Gruenen zur Bundestagswahl 2021
Quelle: Grüne © Fondation Carmignac/Philippe Chancel

Kosten lässt sich die Partei ihre gesamte Bundestagswahlkampagne 12,5 Millionen Euro. Zum Vergleich: Bei der CDU sind es gut 20 Millionen. Indes verzeichnen die Grünen eine „Verfünffachung der Spenden“, wie Kellner sagte. Die Zahl der bestellten Plakate habe sich gegenüber dem letzten Bundestagswahlkampf verdreifacht.

Auch insofern kann der Einsatzwille in der Partei derzeit als ungebrochen gelten. Und indem Kellner auf die Debatte um Baerbock so gut wie gar nicht einging, schien er den Eindruck erwecken zu wollen, dass bei den Grünen wegen ihrer Kanzlerkandidatin auch gar kein Grund zu Zweifeln am Einsatzwillen bestehe.

Plagiatsvorwürfe gegen Baerbock

Nur eine Andeutung ließ sich Kellner entlocken, nämlich nach der Frage, ob die Grünen im Wahlkampf eine Art „war room“ hätten, in dem nach US-amerikanischem Vorbild darüber gewacht wird, welche Attacken gegen das Spitzenpersonal in den sozialen Medien jeweils geritten werden. Ja, sagte Kellner, man werde eine Bereitschaft haben, und mit solchen Vorgängen hätten die Grünen „in den letzten Wochen ja auch einige Erfahrungen sammeln“ können. Sie selbst aber wollten rücksichtsvoll agieren.

Mit Blick auf den aktuell durch Twitter geisternden Hashtag #LaschetWelle, womit der Unionskanzlerkandidat und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) wegen seiner Lockerungspolitik für eine weitere Corona-Welle verantwortlich gemacht werden soll, sagte Kellner: „Das ist nicht unser Stil.“

Adblock test (Why?)

Artikel von & Weiterlesen ( Grüne & Bundestagswahl: Baerbock in kleiner Dosis - WELT )
https://ift.tt/2UKjuP5
Deutschland

Bagikan Berita Ini

0 Response to "Grüne & Bundestagswahl: Baerbock in kleiner Dosis - WELT"

Post a Comment

Blogger news

Powered by Blogger.