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Bundestags-Abstimmung: „Absurd“, dass die Koalition Fluthilfe und Infektionsschutz miteinander verknüpft - WELT

Die Debatte war hart, der Ton scharf – die voraussichtlich letzte Sitzung des Bundestags vor der Wahl geriet zu einem Schlagabtausch der Abgeordneten. Diese sollten an diesem Dienstag den 30-Milliarden-Euro-Fonds für die Opfer der Hochwasser-Katastrophe Mitte Juli im Westen Deutschlands beschließen. Was unter allen Fraktionen unstrittig war.

Allerdings hatten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD den Beschluss zum Fonds mit den von der großen Koalition vorgeschlagenen Änderungen am Infektionsschutzgesetz verknüpft. Die Abgeordneten konnten am Ende nur über ein Gesetzespaket mit beiden Themen abstimmen. Wer ja zur Flutopferhilfe sagen wollte, musste also letztlich auch der Novelle des Infektionsschutzgesetzes zustimmen. So geschah es dann auch: Alle Fraktionen stimmten zu; die AfD enthielt sich.

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Das Vorgehen brachte die Opposition geschlossen in Rage. Denn die Änderung des Infektionsschutzgesetzes ist hochumstritten. Ihr allein würde die FDP keinesfalls zustimmen, stellte ihr Abgeordneter Wolfgang Kubicki klar. „Die Regierung lässt uns im Dunkeln, wann der bestehende Ausnahmezustand beendet und der Normalzustand wieder hergestellt wird. Die massiven Grundrechtseinschränkungen lassen sich nicht mehr begründen“, sagte der Bundestagsvizepräsident.

Wolfgang Kubicki im Bundestag: „Die massiven Grundrechtseinschränkungen lassen sich nicht mehr begründen“
Wolfgang Kubicki im Bundestag: „Die massiven Grundrechtseinschränkungen lassen sich nicht mehr begründen“
Quelle: picture alliance / Flashpic

Nach der Abstimmung gab Kubicki schriftlich eine persönliche Erklärung ab: „Dass die Koalitionäre die absolute Notlage der Hochwasserkatastrophe für politische Geländegewinne ausnutzen wollen, um die Oppositionsfraktionen unter moralischen Druck zu setzen, der Novelle des Infektionsschutzgesetzes ebenfalls zuzustimmen, zeugt vom Verlust moralischer Maßstäbe.“

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In diesem Punkt gab ihm sogar Linke-Fraktionsvize Gesine Lötzsch recht. Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer nannte es „absurd“, Fluthilfe und Infektionsschutz miteinander zu verknüpfen. Man wolle die Opposition so dazu zwingen, Gesetzen zuzustimmen, denen sie sich sonst verweigern würde, kritisierte der AfD-Abgeordnete Detlev Spangenberg.

Dabei ist der Kern der Änderungen des Infektionsschutzgesetzes an sich gar kein Aufreger, sondern folgt den Anregungen vieler Wissenschaftler. Künftig sind nicht mehr nur die Inzidenzwerte 35, 50 und 100 entscheidend dafür, ob und welche Maßnahmen zur Eindämmungen der Corona-Pandemie ergriffen werden müssen. Hinzu kommt als „wesentlicher Maßstab“ die Zahl aufgenommener Corona-Patienten in den Kliniken je 100.000 Einwohner in sieben Tagen, die Hospitalisierungsrate. Berücksichtigt werden zudem „weitere Indikatoren“ wie die Zahl der Neuinfektionen, die verfügbaren Intensivkapazitäten und die Zahl der Geimpften.

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Was die Opposition nun daran stört, vom Verfahren abgesehen, ist der Passus, dass künftig die Bundesländer festlegen können, wo kritische Schwellenwerte liegen. Die Grünen befürchten, dass nun ein „Flickenteppich an Regelungen“ entstehe. Union und SPD hingegen finden, dass regionale Infektionsausbrüche regionale Einschätzungen und Instrumente zur Eindämmung nötig machten.

Was die Opposition, allen voran FDP oder AfD, aber vor allem reizt: Sie sieht die Eindämmungsinstrumente insgesamt als nicht mehr nötig an. Auf Grundlage der Novelle könne aber die Politik der Grundrechtseinschränkungen unter anderen Vorgaben fortgesetzt werden.

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„Wir sind weiterhin mitten in der Pandemie. Bundesweite Schwellenwerte wird es nicht mehr geben, das können künftig die Länder festlegen. Diese Regelungen sind ausgewogen, notwendig und richtig“, verteidigt Sabine Dittmar, die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, die Änderung des Infektionsschutzgesetzes.

Es waren die Sozialdemokraten, die diese Änderungen vorangetrieben hatten und beschleunigen wollten. Den Zorn der Opposition am parlamentarischen Verfahren leitete die SPD zur Union über: Es seien CDU und CSU gewesen – vor allem das Kanzleramt –, die sich gegen jede Novelle des Infektionsschutzgesetzes gestemmt hätten, die die SPD seit November 2020 gefordert habe.

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Nun sei eine Hauruck-Aktion nötig gewesen, um das Gesetz und die Abkehr von starren Inzidenzwerten noch vor der Bundestagswahl auf den Weg zu bringen. Die einzige Möglichkeit sei gewesen, die Novelle an ein anderes, weiter fortgeschrittenes Gesetzesvorhaben anzudocken – das zum Fluthilfe-Fonds. Die Unionsabgeordneten sagten dazu sicherheitshalber nichts.

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