Anhänger der FDP kritisieren einen Beitrag der WDR-Sendung „Quarks“ als unfair: In einem Video hatte das Wissenschaftsmagazin untersucht, ob die Ziele der großen Parteien geeignet sind, das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens einzuhalten. Die FDP kam dabei in einem Ranking zunächst auf den ersten Platz – wurde dann aber auf den vorletzten heruntergestuft, weil die Redaktion offenbar an der Umsetzung der Klimapläne zweifelte.
In dem Video erklären zwei Redakteurinnen abwechselnd, was für die Einhaltung des Klimaabkommens notwendig sei. Anhand dessen habe man „die Wahlprogramme durchforstet und mal nachgerechnet“. Auf dem letzten Platz landet in dem Ranking die AfD, weil sie aus dem Klimaabkommen aussteigen will und den Kohleausstieg ablehnt.
Sowohl bei CDU/CSU als auch bei der SPD kritisiert die „Quarks“-Redaktion, es werde zu wenig für den Klimaschutz unternommen. Der geplante Kohleausstieg im Jahr 2038 sei „zu spät“. Im Wahlprogramm der Union fänden sich keine konkreten Ziele zum Ausbau der erneuerbaren Energien, die SPD nenne dazu zumindest „ein paar mehr konkrete Zahlen“. Ausreichend sei das aber nicht.
Den Grünen attestiert der Beitrag „sehr konkrete Ziele“ für mehr Photovoltaikanlagen und einen Ausbau der Windenergie. Zudem würden die Grünen als einzige Partei ein konkretes CO2-Budget im Wahlprogramm nennen – es sei aber „das falsche“, denn es reiche nur für die Begrenzung der Erwärmung um zwei Grad aus, nicht um 1,5 Grad.
„Ja, wir waren auch überrascht“
Das Programm der Linken sei „recht nah an dem, was tatsächlich fürs Pariser Klimaabkommen passieren müsste“. Ein wichtiges Instrument, den Emissionshandel, lehne die Partei jedoch ab – und das „wäre nach unseren Recherchen keine gute Idee“, heißt es in dem Beitrag.
Auf dem ersten Platz landet schließlich die FDP. „Ja, wir waren auch überrascht“, kommentiert eine der Redakteurinnen. Die Liberalen hätten zwar keine konkreten Ziele zum Kohleausstieg oder zum Ausbau der erneuerbaren Energien. „Das ist aber auch Absicht, denn die FDP würde gern alles über den Emissionshandel regeln, also, dass man für alles, was Emissionen erzeugt, zahlen muss.“
Das sei „eigentlich“ eine gute Sache, erklärt die Redakteurin. Aber wenn man – wie die FDP – ausschließlich auf den CO2-Preis setze, „hätte das einige Folgen, die auch die FDP wahrscheinlich nicht will“. Als Beispiel wird die Höhe des CO2-Preises genannt, der nötig wäre, um ein Ende für Verbrennungsmotoren zu erreichen. Benzin und Diesel, heißt es in dem Video, müssten so teuer werden, dass die Kunden auf andere Verkehrsmittel umstiegen.
CO2-Preis, begründet die Redakteurin, sei die einzige konkrete Maßnahme der Partei
Die „Quarks“-Redaktion geht davon aus, dass der CO2-Preis dafür auf 150 Euro oder mehr pro Tonne steigen müsste. Sie ignoriert, dass die FDP in ihrem Programm einen „marktwirtschaftlichen CO2-Preis“ fordert – den Preis also gar nicht von der Regierung festlegen lassen möchte. FDP-Chef Christian Lindner hatte schon den von den Grünen geforderten Preis von 60 Euro kürzlich als zu hoch kritisiert.
Trotzdem rechnen die „Quarks“-Journalistinnen mit einem CO2-Preis von mindestens 150 Euro – um zu schlussfolgern, dass das gar nicht funktionieren könne. Denn würde man diesen Preis auch auf Kohlekraftwerke anwenden, müssten diese „quasi sofort vom Netz gehen“, weil ihre Kosten zu hoch seien, heißt es in dem Beitrag. Das würde zu einem Zusammenbruch der Stromversorgung führen.
Deshalb bezweifelt die Redaktion, dass die Liberalen „ihre Pläne tatsächlich“ durchzögen. Damit bewege sich die Partei „wohl eigentlich eher auf dem vorletzten Platz“, wird behauptet. In dem Video ist zu sehen, wie die FDP vom ersten auf den fünften Platz wandert. Der CO2-Preis, begründet die Redakteurin, sei die einzige konkrete Maßnahme der Partei.
Ria Schröder: „Auf welcher Grundlage? Wissenschaftlich ist das nicht“
In den sozialen Netzwerken wird der Sendung nun vorgeworfen, die FDP unfair behandelt zu haben. Bei den anderen Parteien verlasse man sich auf das, was im Wahlprogramm stehe – nur bei der FDP ziehe man es in Zweifel.
Ria Schröder, Mitglied im Bundesvorstand der FDP, schrieb auf Twitter, ihre Partei habe „das ambitionierteste Klimaschutzprogramm“. Dafür habe man intensiv gestritten und diskutiert. „Und dann kommt @quarkswdr und schiebt uns random nach hinten, weil sie bezweifeln, dass wir es umsetzen. Auf welcher Grundlage? Wissenschaftlich ist das nicht.“
Phil Hackemann, der im bayerischen Landesvorstand der Partei sitzt, kommentierte: „Da wird objektiv festgestellt, dass die @fdp das wirkungsvollste Klimaprogramm hat – aber weil das nicht ins Weltbild passt, wird sie kurzerhand willkürlich einfach trotzdem auf den vorletzten Platz gesetzt.“
Unerwähnt lassen die Kommentatoren, dass die FDP von einem viel niedrigeren CO2-Preis ausgehen dürfte als die „Quarks“-Redaktion. Der WDR verwies auf WELT-Anfrage darauf, dass die Einordnung am Ende des Videos „auf Einschätzung mehrerer Expert:innen“ basiere, mit denen die „Quarks“-Redaktion ausführlich gesprochen habe. „Die Redaktion bedauert sehr, dies nicht eindeutig genug kenntlich gemacht zu haben. Zudem erkennen wir, dass in diesem sachlichen Beitrag sowohl die Form eines Rankings als auch die Abwertung einer einzelnen Partei innerhalb des Rankings unpassend war“, teilte der WDR mit.
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