Eine Kandidatin der Union soll den amtierenden Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier herausfordern. So stellt sich das Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) vor, wenn am 13. Februar 2022 die nächste Bundespräsidentenwahl durch die Bundesversammlung ansteht. „Die Zeit ist reif für eine Frau im Schloss Bellevue“, hatte Wüst in WELT AM SONNTAG betont. Das bedeutet zugleich eine klare Absage an Steinmeier, der frühzeitig seine Bereitschaft zur Wiederwahl signalisiert hat.
Welche Frau er im Sinn hat, sagte Wüst nicht. Dennoch findet die Idee namhafte Unterstützer in seiner Partei. „Aus meiner Sicht ist es selbstverständlich, dass wir das tun“, betonte Friedrich Merz, Kandidat für den CDU-Vorsitz, auf WELT-Anfrage.
Positiv reagierte auch die Vorsitzende der Frauen-Union, Annette Widmann-Mauz: „Es ist Zeit für eine Frau als Bundespräsidentin. Es ist absolut selbstverständlich und notwendig, dass die höchsten Staatsämter nicht in der Hand nur eines Geschlechts liegen“. Unionsvizefraktionschefin Gitta Connemann sagte: „Frauen können Spitze. Nach 72 Jahren ist es endlich Zeit für eine Bundespräsidentin.“
Die CDU-Bundestagsabgeordnete und frühere NRW-Staatssekretärin für Integration, Serap Güler, trägt den Vorstoß ebenfalls mit: „Die CDU hat mit Frauen an der Spitze wichtige Zeichen gesetzt. Gerade jetzt, wo ein Mann an der Spitze der Regierung steht und zwei weitere Männer an seiner Seite hat, sollten wir die Chance nutzen, die gesellschaftliche Vielfalt auch im Schloss Bellevue sichtbar zu machen.“
Bringt die CDU die Ampel in Verlegenheit?
Es ist lange her, dass die Union auf eine Frau für das höchste Amt gesetzt hat: 1999 hatte sie die parteilose Physikerin Dagmar Schipanski aufgeboten, die dann Johannes Rau (SPD) unterlegen war. Bei den beiden vergangenen Bundespräsidentenwahlen hatten sich SPD und Union miteinander arrangiert: CDU/CSU unterstützten 2013 den Kandidaten Joachim Gauck und 2017 den Kandidaten Steinmeier. Dieses Einverständnis spiegelte die große Koalition aus jener Zeit wider. In den vergangenen Jahrzehnten hatten Parteien immer wieder erfolglos Kandidatinnen nominiert.
Die Frage ist nun, ob eine Unionskandidatin die neue Ampel-Koalition in Verlegenheit brächte. In der Bundesversammlung, die den Bundespräsidenten wählt und aus allen 736 Bundestababgeordneten sowie derselben Anzahl von Länder-Vertretern besteht, stellt die Union die meisten Wahlfrauen und -männer. Das sind fast 450 Personen nach Berechnungen der politischen Analyseplattform „election.de“.
Die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP würden allerdings, wenn sie geschlossen votierten, die absolute Mehrheit von mindestens 737 Stimmen in den ersten beiden Wahlgängen locker erreichen. Die SPD setzt auf Steinmeier und hat dies nach Wüsts Vorstoß am Wochenende bekräftigt: „Es besteht keinerlei Anlass, Frank-Walter Steinmeier infrage zu stellen“, sagte der SPD-Generalsekretär und designierte Parteichef Lars Klingbeil WELT AM SONNTAG. Der FDP-Chef und designierte Bundesfinanzminister Christian Lindner äußerte sich nicht zu Wüsts Vorstoß, hatte sich aber in der Vergangenheit für Steinmeier ausgesprochen. Offen ist bisher, wie sich die Grünen verhalten wollen.
Ehe Wüsts Idee Wirklichkeit wird, müsste die Union zudem ihr gemeinsames Abstimmungsverhalten klären. Die beiden anderen Bewerber für den CDU-Vorsitz, Norbert Röttgen und Helge Braun, sowie der scheidende Parteichef Armin Laschet äußerten sich nicht dazu.
CSU-Chef Markus Söder hatte sich zuletzt lobend über Steinmeier geäußert: „Beim Amt des Bundespräsidenten sollte nicht parteipolitisch geschachert werden. Frank-Walter Steinmeier genießt als Bundespräsident hohes Ansehen. Mich würde wundern, wenn die Ampel jemand anderen als ihn vorschlagen würde“, so Söder zu WELT AM SONNTAG. In der CSU mochte sich auch auf Nachfrage bisher kein führender Politiker zu Wüsts Vorstoß öffentlich positionieren.
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