Sachsen, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern: Polizei löst zahlreiche Corona-Proteste auf - DER SPIEGEL
Sachsens Innenminister spricht von zunehmendem »Hass und Gewalt«: In dem Bundesland sind erneut mehrere Tausend Menschen gegen die Corona-Politik auf die Straße gegangen.
Die Polizei hat am Montagabend in zahlreichen sächsischen Orten Proteste gegen die Corona-Maßnahmen gestoppt. Mehrere Tausend Menschen nahmen daran insgesamt teil. Unter anderem hatten sich laut Polizei in Bautzen, Chemnitz und Freiberg jeweils einige Hundert Menschen versammelt. In Zwickau demonstrierten rund hundert Menschen. In Zwönitz im Erzgebirge seien es rund 60 Menschen gewesen; in Dippoldiswalde, Freital, Glashütte, Heidenau, Kreischa, Königstein, Neustadt, Pirna und Sebnitz (alle Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) zwischen 20 bis 150 Personen.
Die Polizei hatte eine härtere Gangart angekündigt, nachdem sie in den vergangenen Wochen kaum gegen die unzulässigen Proteste in dem Bundesland mit den deutschlandweit höchsten Corona-Zahlen vorgegangen war. Daran hatte es scharfe Kritik gegeben. Die Corona-Notfallverordnung erlaubt in Sachsen derzeit nur Kundgebungen mit maximal zehn Teilnehmern und nur an einem festen Ort.
Die Polizeidirektion Chemnitz gab in der Nacht zum Dienstag an, in mehreren Städten insgesamt 717 Ordnungswidrigkeiten sowie mehr als ein Dutzend Strafverfahren angezeigt zu haben.
»Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass der Protest sich zunehmend mit Hass und Gewalt auflädt«
Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) äußerte sich bei RTL Direkt besorgt über die Radikalisierung der Proteste gegen die Corona-Politik: »Das ist eine dramatische Situation, die sich in den vergangenen Wochen noch einmal verschärft hat«, sagte er. »Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass der Protest sich zunehmend mit Hass und Gewalt auflädt.« Vorwürfe, der Staat tue nicht genug gegen rechtsextreme Strukturen, wies er zurück. Seit der Regierungsübernahme von Michael Kretschmer (CDU) werde das Thema sehr ernst genommen: »Wir sind dabei, diese Strukturen Schritt für Schritt zurückzudrängen.«
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Das Robert Koch-Institut (RKI) gab die Zahl der wöchentlichen Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in Sachsen am Montag mit 1234,4 an. Der Landtag hatte am Montag die epidemische Lage im Freistaat festgestellt und so die rechtliche Grundlage für eigene Schutzmaßnahmen in der Coronapandemie geschaffen.
Die Polizei hatte die Sitzung mit einem Großaufgebot abgesichert und das Parlament abgeriegelt. Laut Polizei versammelten sich kurz nach Eröffnung der Sitzung unerlaubt etwa 50 Menschen. Die Versammlung sei aufgelöst und ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet worden. Bis zum Abend hätten sich 27 Personen wegen Verstößen gegen die Notfall-Verordnung verantworten müssen.
Am Freitag hatten rund 30 Gegner der Coronapolitik vor dem Wohnhaus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) protestiert, sie trugen dabei Fackeln und Plakate.
Proteste in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern
In Thüringen gab es am Montagabend in fast allen Landkreisen Proteste gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen. Insgesamt habe es 24 Versammlungsorte gegeben, sagte ein Sprecher der Polizei am Montagabend. Dabei seien die Teilnehmerzahlen meist höher gewesen als derzeit zulässig. Erlaubt sind in Thüringen nur ortsfeste Kundgebungen mit maximal 35 Menschen. Die Beamten hätten deswegen versucht, keine Aufzüge zuzulassen und die Verantwortlichen in den nicht angemeldeten Demos ausfindig zu machen.
Die größten Proteste gab es laut Polizei in Erfurt mit etwa tausend, in Altenburg mit etwa 800 und in Zeulenroda mit 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Nach einer vorläufigen Einschätzung der Polizei sei es insgesamt ruhiger zugegangen als bei Protesten am Wochenende.
In Mecklenburg-Vorpommern demonstrierten am Montag mehr als 2700 Menschen gegen die nach ihrer Auffassung zu strengen Corona-Regelungen. Das waren fast doppelt so viele wie vor einer Woche, wie Polizeisprecher in Rostock und Neubrandenburg erklärten. Dabei gab es angemeldete Demonstrationen in Rostock, Greifswald und Neubrandenburg sowie einen nicht angemeldeten Protest in Schwerin.
Thüringens Verfassungsschutzchef fordert Härte gegen Corona-Proteste
Angesichts der Corona-Proteste forderte Thüringens Verfassungsschutzchef Stephan Kramer ein härteres Vorgehen von Staat und Justiz. »Es geht nicht mehr um Versammlungs- und Meinungsfreiheit«, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). »Es geht nur noch darum, einzuschüchtern und Angst zu verbreiten. Diese Menschen brauchen keine Kommunikation, sondern eine klare Ansage.« Bedroht würden nicht nur Politiker, sondern auch Lehrer, Ärzte und Wissenschaftler. »Die kann man nicht mehr alle unter Polizeischutz stellen«, sagte Kramer. »Da müssen wir durchgreifen.«
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